München – Wie sein Leben nach dem 15. November aussieht, kann sich Uli Hoeneß auch noch nicht vorstellen. Er weiß nur, wie es nicht aussehen wird: „Ich werde kein Golf spielender, Zigarre rauchender Rentner werden, der nur in den Himmel und auf den Tegernsee schaut“, blickt der Bald-Rentner auf die Tage nach seinem Rückzug aus dem Präsidentenamt.
Erstmals sprach Hoeneß öffentlich über seine Zukunftspläne. Ehefrau Susi spielte dabei eine Hauptrolle: „Beim gemeinsamen Frühstück hat sie mich immer daran erinnert, dass sie nach einer so langen Zeit auch gewisse Rechte besitzt“, so Hoeneß. Nun will er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Ein gemeinsamer Urlaub mit Kindern und Enkeln in diesem Sommer läutete diese neuen Lebensabschnitt bereits ein. Seit er sich für die Familie entschieden habe, könne er auch wieder sieben Stunden durchschlafen. Die Familie macht es möglich.
Zu seiner emotionalen Familie gehört allerdings ebenfalls der FC Bayern seit über 40 Jahren. Aber auch diese Dynastie sieht er bestens aufgestellt: „Mit Herbert Hainer als Präsident und Oliver Kahn als Vorstand hätten wir keine besseren Leute für die kommenden Aufgaben finden können“, stellt er der neuen Bayern-Führung schon vor Amtsantritt ein hervorragendes Zeugnis aus. Ganz nebenbei offenbart Hoeneß, dass Ex-Adidas-Chef Hainer ein Angebot als DFB-Präsident vorliegen hatte. Der FC Bayern sich daher beeilen musste. Und dass er persönlich mit Leroy Sané über einen Wechsel an die Isar gesprochen hat. Doch all das waren Nebensächlichkeiten. Im Zentrum stand das Ende der Ära Hoeneß beim deutschen Vorzeigeclub.
„Nicht abgeschlachtet“ zu werden – das sei ihm für seinen Abschied enorm wichtig. Nicht so wie viele Politiker und Wirtschaftsbosse, die den Zeitpunkt für einen Rücktritt in Würde verpassen: „Ich wollte dagegen durch die offene Tür gehen.“ Laut Hoeneß’scher Einschätzung sei ihm das bis zum heutigen Tag „großartig“ gelungen. Verschwinden, das macht der 67-Jährige deutlich, ohne es direkt anzusprechen, wird er allerdings nur aus der ersten Bayern-Reihe.
Im Hintergrund werden viele Entscheidungen weiter bei ihm zusammenlaufen. Der Bald-nicht-mehr-Präsident formuliert es diplomatischer: „Wer mich um Rat fragt, dem werde ich mit Rat zur Seite stehen“, so Hoeneß, und er prophezeit eine Art Schattenzentrale des Vereins bei ihm zu Hause am Tegernsee: „Das eine oder andere Abendessen am Tegernsee oder auch mal Kaffee und Kuchen wird es bei mir in Bad Wiessee bestimmt geben. Egal ob mit Spielern oder dem Vorstand.“ Auch Karl-Heinz Rummenigge, zu dem Hoeneß laut eigener Aussage weiterhin ein gutes Verhältnis hat, stellt klar: „Es ist nicht sein letzter Tag heute, es wird auch nie sein letzter Tag sein.“
Ein mächtiger Strippenzieher ohne operatives Amt, dafür mit enormer Macht und Einfluss auf allen Ebenen? Der Pate 4 könnte in Bad Wiessee spielen. Und wie Don Vito Corleone auf der Leinwand muss sich Hoeneß auch nicht mehr mit dem schnöden Tagesgeschäft herumschlagen. Das hat sich seiner Erfahrung nach nämlich nicht positiv verändert: „Samstags um 15.30 Uhr hat der Fußball für mich nichts von seiner Faszination verloren,“ erklärt Hoeneß gegenüber unserer Zeitung – aber: „Was allerdings davor und danach vor sich geht, ist schwierig. Durch das Internet ist eine Form von Öffentlichkeit dazugekommen, bei der jeder, der null Ahnung von der Materie hat, seinen Senf dazugibt.“
Dass die Geschäfte weiter in seinem Sinne geführt werden, dafür hat Hoeneß treue Gefolgsleute positioniert. Für die Zukunft ist ihm daher nicht bange. „Angst habe ich überhaupt keine. Angst habe ich nur vor Krieg und Krankheiten. Ich bin jeden Tag dankbar, dass ich in Bad Wiessee aufwache und nicht in Aleppo.“
Die Wolken über dem Tegernsee könnten dunkler sein.