Yeosu – Den Sekt vom Hoteldirektor nahm Florian Wellbrock an, doch trinken wollte der deutsche Schwimm-Shootingstar den edlen Tropfen nicht. „Kein Alkohol“ – lautete die Devise, nachdem sich Wellbrock in einem packenden Rennen zum ersten deutschen Weltmeister über zehn Kilometer seit dem Sieg von Thomas Lurz 2009 gekrönt hatte. Das Freiwasser-Idol schickte Glückwünsche aus der Heimat, Doppel-Olympiasiegerin Britta Steffen würdigte den Triumph als „fantastische Leistung“ und hofft auf ein „Weiter so!“.
Auf der schwimmenden Startbrücke in Yeosu feierte Wellbrock seinen ersten großen Titel auf der Weltbühne mit hochgereckten Armen, fiel Freund, Team-Kollege und Bronze-Gewinner Rob Muffels herzlich um den Hals und lauschte bei der Siegerehrung andächtig der Nationalhymne. Nach dem furiosen Auftakt heißt es nun: Akku aufladen für Teil zwei und drei seiner WM-Trilogie. Wellbrocks Erfolg soll den deutschen Schwimmern nach zuletzt zwei Medaillen-Nullnummern bei Olympia im Becken und nur einmal Edelmetall bei der WM vor zwei Jahren Schwung geben.
„Jetzt erst mal kopftechnisch einen Tag abschalten, resetten und dann volle Kraft voraus fürs Beckenschwimmen“, umriss Wellbrock seinen Plan für die kommenden Tage. Seine Mission als größter Hoffnungsträger der deutschen Schwimmer ist noch nicht vorbei. Kommende Woche zählt der Magdeburger Freistil-Ästhet auch über 1500 und 800 Meter zu den Favoriten. Nächstes Jahr will er seinen Namen in der Olympia-Historie verewigen. Das Olympia-Ticket buchte er wie Kollege Muffels im Hafen vor dem Weltausstellungsgelände von 2012 souverän.
„Wir haben die Liste gesehen und gesagt: „Verdammt, das ist ganz schön krass“, Erster und Dritter“, beschrieb der 24 Jahre alte Muffels den Jubel mit Wellbrock. Bevor Wellbrock nach 1:47:55,9 Stunden im Ziel war, hatte er sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Marc-Antoine Olivier geliefert. Zum Finale eines packenden Schlussspurts schlug er 0,2 Sekunden vor dem Franzosen an.
Wellbrock und Muffels hatten sich in den Tagen vor den ersten Medaillen für den Deutschen Schwimm-Verband am fünften WM-Tag – gegenseitig gepusht und sich immer wieder Sprüche gedrückt. „Das triezt einen ein bisschen – natürlich im positiven Sinne“, sagte Wellbrock. Im gemeinsamen Zimmer mit Kumpel Muffels habe eine Tokio-Flagge mit den olympischen Ringen für Motivation gesorgt. Im Freiwasser hatte Wellbrock in dieser Saison serienweise gewonnen, war Top-Favorit. Zu viel Druck bedeutete das scheinbar nicht. „Ich frag mich selber, wie lange das noch gut geht“, sagte er. „Irgendwann muss diese Glückssträhne auch mal vorbei sein.“ Wenn das Ausnahmetalent so weitermacht, kann er eine Ära prägen.
„Es ist für den Verband sehr wichtig, so einen super Schwimmer zu haben“, sagte der nicht mehr aktive Rekordweltmeister Thomas Lurz. dpa