Es war die Mondlandung des deutschen Tennis. Der 7. Juli 1985. Ein 17-Jähriger stemmt den goldenen Pokal des wichtigsten Tennisturniers der Welt in die Höhe. Als bis heute jüngster Sieger aller Zeiten schreibt ein entfesselter Blondschopf aus Leimen an diesem Tag Sportgeschichte.
Wie gerne würde man nur dieses Bild vor sich sehen, sobald der Name Boris Becker fällt. Doch im Jahr 2019 gelingt es nicht. Zu viel ist in den letzten 34 Jahren passiert. Besenkammer, Samenraub, Scheidung, Fliegenklatschenauftritt, Insolvenz. Es sind auch diese Bilder, die der Name Boris Becker hervorruft. Natürlich war er nicht vorbereitet auf das Leben nach dem 7. Juli 1985. Wie auch? Als Maskottchen eines ganzen Landes, verfolgt auf Schritt und Tritt.
Und doch war da die Hoffnung, der heute 51-Jährige würde das Leben danach genauso eindrucksvoll meistern wie seine einzigartige Sportkarriere.
Kämpfen, fluchen, Fehler einstecken, die Ärmel hochkrempeln und mit einem Ass als Sieger den Court verlassen. Das letzte Mal keimte die Hoffnung auf eine Rehabilitation auf, als Becker überraschend Trainer des serbischen Ausnahmespielers Novak Djokovic wurde. Becker führte Djokovic zurück an die Spitze der Weltrangliste und feierte durch den Sieg bei den French Open 2016 mit Djokovic den Karriere-Grand-Slam. Wie groß Beckers Einfluss auf Djokovic auch immer war, die Öffentlichkeit nahm den Deutschen wieder als „Tennis-Boris“ wahr, nicht mehr als „Samenraub-Boris“.
Doch die Hoffnung auf eine positive Wende in Beckers turbulentem Leben nahm ein jähes Ende. Im Dezember 2016 beendete Djokovic die Zusammenarbeit mit Becker – im Sommer 2017 tauchte der Name Boris Becker dann offiziell im Londoner Insolvenzregister auf.
Wenig später folgte die Trennung von seiner Ehefrau Lilly, begleitet von einer medialen Schlammschlacht. Negativer Höhepunkt im letzten Jahr: Boris Becker versuchte, sich mit einem Diplomaten-Pass der Zentralafrikanischen Republik aus der Affäre zu ziehen. Mit dem Ergebnis, dass selbst der Präsident eines Landes, das im Demokratieindex Platz 164 belegt, sich von Boris Becker distanzierte.
Wir haben vergeblich gehofft. Boris Becker hat nur auf dem Tennisplatz seine Weltklasse bewiesen.
Daniel.Mueksch@ovb.net