Madrid/Liverpool – Stolz präsentierten Jürgen Klopp und Kapitän Jordan Henderson schon auf dem John-Lennon-Airport den Silberpokal, auf der Triumphfahrt durch Liverpool schien fast die gesamte Stadt auf den Beinen, um die Champions-League-Sieger zu feiern. Auf dem offenen roten Bus, den vorn und an den Seiten der Schriftzug „Champions of Europe“ zierte, zeigte sich Klopp am Tag nach dem 2:0 Finalsieg über Tottenham Hotspur mit der so ersehnten Trophäe, immer wieder umnebelt von roten Rauchschwaden.
Zehntausende Fans, viele von ihnen in roten Trikots, bildeten ein Spalier an der kilometerlangen Route vom Flughafen ins Zentrum, wo schon den Tag über zahlreiche Anhänger warteten. Mehrere hunderttausend Fans sollen es gewesen seinals nach der Rückkehr des Teams aus Madrid die Megaparty in der Beatles-Stadt Fahrt aufnahm.
Ein paar Stunden zuvor in Madrid waren Klopp und s Jordan Henderson in enger Umarmung vor der roten Wand der feiernden Liverpool-Fans gestanden. Der deutsche Trainer hatte dabei Tränen in den Augen, sein Kapitän weinte wie ein Kind. „Das ist die beste Nacht meines Berufslebens“, rief Klopp im Stadion Wanda Metropolitano in eines der ersten TV-Mikrofone, das ihm hingehalten wurde. Wenig später bei der Pressekonferenz zu diesem Finale klang der 51-Jährige dann schon gefasster. „Es fühlt sich richtig gut an, aber ich selbst bin deutlich ruhiger, als ich das von diesem Moment immer erwartet habe“, sagte er. „Es war für mich persönlich nicht so wichtig, den Pokal zu berühren. Ich freue mich über alle Bilder, in denen meinen Spieler ihn in der Hand halten.“
Der FC Liverpool gewann die wichtigste Trophäe des europäischen Vereinsfußballs schon zum sechsten Mal. Die Geschichte dieses Vereins ist so eindrucksvoll, dass die beiden verlorenen Finals 2016 (Europa League) und 2018 (Champions League) dem Renommee der „Reds“ nicht viel anhaben können. Bei Klopp persönlich war das anders. Inklusive seiner Zeit bei Borussia Dortmund hatte er bis zu diesem Abend sechs Endspiele nacheinander verloren. Seit den Toren von Mohamed Salah und Divock Origi kann ihm niemand mehr nachsagen, dass er keine großen Spiele gewinnen könne. Jetzt steht Klopp in einer Reihe mit Namen wie Jupp Heynckes und Ottmar Hitzfeld.
Seine Genugtuung darüber ließ er nach dem Spiel heraus. „Es gibt immer ein paar Leute, die sagen dir: Yeah, aber du hast ja nie gewonnen“, meinte Klopp da. Und fing in leichter Abwandelung eines 90er-Jahre-Hits auf einmal an zu singen: „Let’s talk about six, Baby!“ Gemeint war der sechste Champions-League-Titel seines LFC.
An die Einzelheiten der Party-Nacht konnte sich Klopp am nächsten Morgen nicht mehr erinnern. Als Gedächtnisstütze mag ein Internetvideo dienen, das ihn mit Tote-Hosen-Sänger Campino auf der Meisterfeier zeigt: Liverpool-Fan Campino und Klopp schmettern singend und auf Englisch: „Wir senden Grüße aus Madrid. Heute Nacht haben wir Nummer sechs geschafft. Wir haben den Pokal zurück nach Liverpool gebracht, weil wir es versprochen hatten.“
„Er ist ein fantastischer Manager. Er ist aber auch ein fantastischer Mensch“, sagte sein niederländischer Abwehrspieler Virgil van Dijk über Klopp. „Ich bin sehr stolz darauf, dass wir zusammen diesen Pokal für diesen großartigen Club gewonnen haben.“ Auch Joel Matip, der einzige deutsche Spieler im Finale, meinte: „Ich freue mich riesig für Jürgen Klopp. Die Leute haben viel über seine Finalserie geschrieben. Aber er hat sich diesen Erfolg mit uns hart erarbeitet.“
Geht es nach Klopp, hat der LFC mit dem Titel-Gewinnen erst angefangen. „Ich hatte gerade Pep Guardiola am Telefon“, sagte er über den Trainer von Manchester City, der am Ende der Premier-League-Saison die Nase vorne hatte. „Wir haben uns versprochen, uns auch nächste Saison wieder gegenseitig in den Hintern zu treten. Wir werden wieder alles versuchen und sehen, ob wir wieder etwas gewinnen können.“