Der perfekte Ersatzmann

von Redaktion

Nominierung für die Nationalmannschaft, weil Ulreich immer liefert, wenn er gebraucht wird

VON ELISABETH SCHLAMMERL

München – Als zweiter Torhüter ist es Sven Ulreich gewohnt, manchmal überrascht zu werden beim FC Bayern. Überrascht davon, plötzlich ins Spiel zu kommen und die Nummer eins zu sein, vorübergehend jedenfalls, weil sich Manuel Neuer verletzt hat. Dass Ulreich flexibel ist, steht außer Frage. Das gilt auch für seine Urlaubspläne, die musste er, oder besser: die durfte er nämlich kurzfristig ändern. Statt gleich zur Erholung in die Sonne geht es Ulreich nun erst einmal ins niederländische Venlo, ins Trainingslager der deutschen Nationalmannschaft, dann nach Borissow und schließlich nach Mainz. Ulreich ersetzt im Kader für die beiden EM-Qualifkationsspiele am kommenden Samstag gegen Weißrussland und drei Tage später gegen Estland Bernd Leno. Der Keeper vom FC Arsenal musste wegen einer Daumenverletzung absagen.

Es hätte deutsche Torhüter gegeben, die bei ihren Vereinen die Nummer eins sind und die Saison ebenfalls mit soliden Leistungen beendet hatten. Oliver Baumann aus Hoffenheim zum Beispiel, der Freiberger Alexander Schwolow oder Michael Rensing aus Düsseldorf. das Trainerteam hätte ein paar kritische und hämische Kommentare in den sozialen Netzwerken erspart, wenn es einen drei Torhüter nominiert hätte, Aber bei der Entscheidung für Ulreich ging es auch um dessen Fähigkeiten auf der Position des Stellvertreters. „Sven hat sich diese Berufung verdient. Wenn er in dieser Saison gebraucht wurde, war er da und hat beim FC Bayern Top-Leistungen gezeigt. Das ist eine große Qualität“, sagte Bundestorwarttrainer Andreas Köpke.

Als Nummer drei sind die Chancen von Ulreich zum Einsatz zu kommen sehr gering. Außerdem ist es keine Nominierung mit Perspektive, sondern allein der Personalsituation geschuldet. Und wer eignet sich besser als ein Torwart, der es gewohnt ist, auf der Bank zu sitzen und mit der Berufung keine großen Erwartungen verbindet?

Ulreich ist der perfekte Backup, vielleicht er sogar so etwas wie der geborene Vertreter. Als er 2015 – mit 26 Jahren – den Stammplatz zwischen den Pfosten beim VfB Stuttgart mit dem Stammplatz auf der Bank beim FC Bayern eintauschte, sorgte dies für Verwunderung. Er wolle „mit den Besten“ trainieren und könne von Neuer „viel lernen“, sagte Ulreich damals. Er wusste, auf was er sich einließ – und füllte die Rolle als Trainingspartner von Neuer brav aus. Dass er aufgrund einer Fußverletzung des Stammkeepers im vergangenen Jahr fast eine gesamte Spielzeit im Münchner Tor stehen würde, damit hatte er nicht rechnen können. Und auch in der Schlussphase der abgelaufenen Saison vertrat er Neuer.

Es ist kein Zufall, dass das Trainerteam um Joachim Löw schon zum zweiten Mal bei der Suche nach dem Vertreter des Torhüter-Vertreters auf einen Mann aus München setzt. Hans Jörg Butt war einst für die WM 2010 in Südafrika nominiert worden – weil klar war, dass er mit damals bereits 36 Jahren keine Ansprüche stellen würde. Auf der anderen Seite besaß Butt aber im Gegensatz zu anderen Kandidaten internationale Erfahrung und kannte sich aus mit Drucksituation – falls er doch zum Einsatz gekommen wären. Kriterien, die auch bei Ulreichs Nominierung eine Rolle gespielt haben düften.

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