München – Beim EHC München wird in den Heimspielen immer ein „Zugereister des Tages“ präsentiert – meist ein Tourist, dessen Daten das Online-Buchungssystem ausspuckt. Einen langen Anreiseweg hatte am Freitagabend ein junger Mann, der bewusst zum Eishockey schauen hergeflogen kam. Aus Chicago. Es war NHL-Jungstar Dominik Kahun, voriges Jahr selbst noch Deutscher Meister geworden mit dem EHC. Nun beobachtete der Nationalspieler, wie sich seine früheren Kollegen in den Halbfinal-Playoffs der DEL machen. Sie tun sich unerwartet schwer gegen Augsburg, das fünfte Match der Best-of-Seven-Serie endete mit der gewohnten Ein-Tor-Differenz. 1:0 (0:0, 1:0, 0:0) gewann der EHC München, wodurch es in der Serie 3:2 für ihn steht. Heißt: München hat Matchpuck und die Chance, am Sonntag in Augsburg (14 Uhr) der Sache ein Ende zu setzen und ins Finale gegen Mannheim einzuziehen. Im Bereich des absolut Möglichen jedoch auch, dass es zum Serienausgleich und am Dienstag zu einer Verlängerung kommt.
Warum hätte Spiel Nummer fünf einen grundsätzlich anderen Charakter haben sollen als die Nummern eins, zwei, drei, vier? Die Augsburger zeigten sich abwehrbereit, die Münchner angriffswillig, wussten aber nicht so recht, wie sie ihre Überlegenheit umsetzen sollten. Wieder grätschte und griff der Kanadier im AEV-Tor, Olivier Roy, sich warm, machten die Verteidiger vor ihm die Räume eng und suchte die EHC-Prominenz die Lücke.
Klar: Man hoffte aufs Überzahlspiel. Beide Teams waren auf Foulvermeidung aus, doch manchmal bleibt nichts anderes übrig, als eine gegnerische Chance mit einem Haken oder Halten zu unterbinden. So geriet in den ersten beiden Dritteln Augsburg dreimal in Unterzahl, spielte das zweimal routiniert weg, musste beim dritten aber den ersten Treffer des Abends hinnehmen. In der 35. Minute war die Panther-Festungsmauer erstmals überwunden.
Das Wunderliche an solchen Spielen ist, dass die großen Chancen vereitelt werden und wenn dann mal ein Tor fällt, es eher eines der Kategorie schmutzig oder billig ist. Und oft auch, dass der Schütze eine besondere Geschichte schreibt.
Das 1:0 für München erzielte Trevor Parkes. Der Kanadier, den der EHC aus Augsburg abgeworben hatte. Und der in den Playoffs keine Rolle spielte bis dahin. Sein letztes Tor hatte Torjäger Parkes am 27. Januar verbucht, es folgten 19 Spiele, in denen ihm nur ein paar Torvorlagen gelangen. „Ist eine Weile her“, meinte er im Magentasport-Interview in der Drittelpause – und räumte ein, dass er das Tor gegen Augsburg nicht mit dem Stock erzielt hatte. Es war so, dass er einen Schuss von Verteidiger Derek Joslin abfälschte. Parkes: „Mit der Hose.“ Aber dass der Puck mal reinfallen würde, war absehbar: München hatte nach 40 Minuten 28 Schüsse, Augsburg acht. Der EHC hatte auch je einen Pfosten- und Lattentreffer.
Man kann freilich auch mit wenigen Schüssen gefährlich sein. In der 47. Minute fuhr der nun aktivere AEV einen Zwei-gegen-eins-Konter aufs Münchner Tor. An Matt Frasers knalligem Abschluss war nichts auszusetzen – doch die Parade war perfekt: Aus den Birken verhinderte den Ausgleich. In der 49. Minute schließlich die erste Strafe für München und das erste Augsburger Powerplay. Das Geschehen verlagerte sich nun vors EHC-Tor. Augsburg traf nicht, nahm aber das Gefühl mit, weiter voll wehrhaft zu sein.