Als Senna im Regen von Donington zauberte

von Redaktion

Ehemalige und aktuelle Stars der Formel 1 erinnern sich an Rennen, die sie geprägt haben

In Shanghai wird am Sonntag der 1000. Grand Prix der Formel-1-Geschichte ausgefahren. Stars von heute und früher blicken zurück auf Rennen, die für sie einen besonderen Stellenwert haben.

SEBASTIAN VETTEL Hockenheim 1995

Mein Vater schaute sich damals alle Formel-1-Rennen an, selbst die, die in Europa in der Nacht stattfanden. Ich stand mit ihm auf und schaute mit ihm alles an. In Hockenheim 1995 saß ich auf der Tribüne. Michael fuhr im Benetton, und überall gab es deutsche Flaggen und Sprechchöre. Das Motodrom war wie ein Fußballstadion. Und als er auch noch gewann, war die Begeisterung grenzenlos. Danach beschloss ich, richtig professionell Kart zu fahren.

LEWIS HAMILTON Donington 1993

Es ist kein Geheimnis, dass ich von Ayrton Senna inspiriert wurde und immer noch auch bin. Das Erste, was ich oft machte wenn ich von der Schule nach Hause gekommen bin, war, mir ein Video von Ayrton anzuschauen. Und wer wissen will, wie groß Ayrton wirklich war, muss sich seinen Sieg im unterlegenen McLaren im strömenden Regen von Donington anschauen. Besonders seine erste Runde war wohl das Erstaunlichste, was ein Rennfahrer je abgeliefert hat.

HEINZ-H. FRENTZEN Magny-Cours 1999

Es war mein erster Sieg mit Jordan. Das Auto von Gary Anderson war vielleicht der beste Jordan, der je gebaut wurde. Im Qualifying war ich Fünfter. Am Sonntag regnete es. Wir wussten, wir hatten im Rennen nur eine Chance aufs Podium, wenn wir anders als die anderen nur mit einem Reifenwechsel durchkommen werden. In Runde 22. wechselte ich das erste und letzte Mal. Ich fuhr wie auf rohen Eiern, um die Pneus zu schonen. Gleichzeitig aber schnell genug, um nicht zu viel Zeit zu verlieren. Am Ende gewann ich mit elf Sekunden Vorsprung auf Mika Häkkinen im McLaren-Mercedes.

JACQUES VILLENEUVE Estoril 1996

Es war meine erste Formel-1 – Saison im Williams, nachdem ich ein Jahr zuvor die Indycar-Serie gewonnen hatte. Die Erfahrung mit den Ovalrennen kam mir in Estoril entgegen, da die superschnelle Zielkurve etwas geneigt war. Ich stellte mir den Williams so ein, als würde ich ein Oval fahren. Ich kam gut klar damit und im Rennen lief ich auf den Führenden Michael Schumacher im Ferrari auf. Ich teilte meiner Boxencrew mit, dass ich ihn in der Zielkurve außen herum überholen wolle. Die Antwort kam prompt: „Unmöglich. Wir schicken schon mal einen Krankenwaage an die Stelle, in der du in die Leitplanken fliegst.“ Ich machte es trotzdem und es funktionierte, auch weil ich mein Auto so abgestimmt hatte. Michael war nicht gerade begeistert. Er warf mir später vor, völlig wahnsinnig zu sein. Ich fand es nur megacool.

ROSS BRAWN Magny-Cours 2004

Michael gewann mit vier Boxenstopps. Das war ein Novum. Wir haben das nach dem zweiten Stopp entschieden. Ich sagte zu Michael, lass es uns probieren, weil wir nach hinten nichts mehr verlieren konnten. Das ist eine Sache, die in die Geschichte eingehen wird, dass man mit vier Stopps ein Rennen gewinnen kann. Ich glaube, wir waren die Ersten, die das mit Absicht gemacht haben. Das war erstaunlich und wunderbar zugleich. Ehrlich gesagt: Wir waren mit Michael damals so überlegen, dass wir immer neue Reizpunkte und Herausforderungen schaffen mussten, um weiter auf höchstem Niveau arbeiten zu können. Der Einfall kam mir am Anfang des Rennens. Michael musste dafür praktisch wie im Qualifying jede Runde am Limit fahren. Ich wusste, dass er das konnte. Er war auch sofort Feuer und Flamme. Am Ende hatte Fernando Alonso im Renault keine Chance gegen Michael. Es war wirklich beeindruckend, was Michael an diesem Tag geleistet hat.

DAMON HILL Suzuka 1994

Es regnete fürchterlich in Suzuka. Das Rennen wurde kurz unterbrochen und neu gestartet. Deshalb wurde die Zeit gesplittet. Heißt: Die Zeit bis zum Abbruch wurde beim Neustart dazu addiert. So kam es zum Geisterrennen. Schumacher tankte einmal mehr als ich, und ich hatte in den letzten Runden noch acht Sekunden Vorsprung. Ich fuhr wie der Teufel, um den Abstand zu halten. Am Ende gewann ich mit 3,3 Sekunden Vorsprung. Auch mein Team war sprachlos. Denn Michael galt besonders im Regen als unschlagbar.

JACKY ICKX Hockenheim 1970

Nach dem Boykott der Nürburgring-Nordschleife fuhren wir das erste Mal in Hockenheim. Hockenheim baute deshalb zwei Schikanen in die Mitte der Geraden – aus zwei langen wurden dadurch vier kürzere und Geschwindigkeit und Risiko vermindert. Am Renntag war Hockenheim ausverkauft. 140 000 Zuschauer drängten sich um den Kurs. Jochen Rindt mit seinem Lotus 72 und ich mit meinem Ferrari setzten uns schnell vom Feld ab. Rundenlang nutzten wir den Windschatten vor der Einfahrt ins Motodrom. 13 Mal wechselte die Führung, die Fans grölten vor Freude. In der letzten Runde hatte Jochen leider die Nase vorn und gewann mit 0,7 Sekunden Vorsprung. Obwohl ich nicht gewann, wird mir dieses Rennen immer in Erinnerung bleiben. Auch wegen Jochen Rindt.

NICO HÜLKENBERG Spa 1998

Ich war damals das erste Mal als Zuschauer bei der Formel 1. Schon kurz nach dem Start krachte es fürchterlich. Dreizehn Autos hatten sich im Regen bei der Abfahrt zur Eau Rouge ineinander verkeilt. Räder flogen durch die Luft, Trümmer lagen überall. Beim Neustart regnete es wieder. Später kollidierte Michael Schumacher mit David Coulthard. Es war also eine Menge los. Für mich stand nach dem Besuch jedenfalls fest: Ich will unbedingt Formel-1-Fahrer werden.

CHRISTIAN HORNER Silverstone 1986

Ich war zwölf Jahre alt, fuhr Kartrennen und war absoluter Formel-1-Fan. Es war die Ära der erbitterten Zweikämpfe zwischen Nigel Mansell und Nelson Piquet als Teamkollegen bei Williams. Mansell war mein Held. Durch den Zaun sah ich wie Mansell kurz vor Rennende Piquet überholte. Bei 300 Stundenkilometer kamen sie sich so nahe, dass die Funken von den Felgen sprühten. Ich war atemlos und glücklich über Mansells Sieg.

DANIEL RICCIARDO Brasilien 2008 und Melbourne 2002

Ich muss zwei Rennen nennen. Einmal Brasilien 2008. Da war ich noch Fan, aber nicht Fahrer. Ich beobachte fassungslos vor dem Fernseher, wie Felipe Massa 600 Meter vor Schluss die schon sicher geglaubte WM an Lewis Hamilton verlor. Das fand ich unglaublich nach einer so langen Saison. Spontan fällt mir auch Melbourne 2002 ein. Da war ich noch ein kleiner Hosenscheißer, aber trotzdem schon ein großer Fan von meinem Landsmann Mark Webber. Ich war überglücklich, als er gleich in seinem ersten F1-Rennen mit dem Minardi Fünfter wurde. Von meinen eigenen Rennen bleibt mir mein Sieg in Ungarn 2014 in bester Erinnerung. Es war heiß, es gab viele Safety-Car-Phasen und man musste immer im richtigen Moment die richtigen Entscheidungen treffen. Das ist mir gelungen.

JEAN TODT Japan 2000

Der erste Titelgewinn für Michael bei Ferrari ist mein persönliches Lieblingsrennen. Es war der 8. Oktober in Suzuka. Ich war schon das siebte Jahr bei Ferrari und endlich hat es mit dem Titel geklappt. Ich erinnere mich noch gut, dass ich zu Michael auf dem Weg zum Podium sagte: „Von jetzt an wird alles nicht mehr so sein wie vorher!“ Und genau so ist es auch gekommen.

MAX VERSTAPPEN Spanien 2016

Der erste Sieg – der wird ewig in Erinnerung bleiben. Für mich war es das erste Rennen im Red-Bull-Werksteam. Ich bin kurz zuvor von Toro Rosso zu Red Bull gewechselt. Alles war hektisch und ging so furchtbar schnell. Ich musste in den Simulator, schnell den Sitz anpassen, das neue Lenkrad lernen und gleichzeitig die neuen Leute kennenlernen, mit denen ich es jetzt zu tun hatte. Dass ich dieses Rennen war gleichzeitig unglaublich und überwältigend.

aufgezeichnet von Ralf Bach

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