Sport und Werbung

Öffentliches Wachstum

von Redaktion

MARC BEYER

Werbung, das ist kein Geheimnis, ist manchmal Glückssache. Hat man Pech, entscheidet sich die Kreativabteilung dafür, das hauseigene Haarwuchsmittel mit dem atemberaubend dämlichen Slogan „Doping für die Haare“ zu bewerben. Doppelt absurd wird es, wenn dieses Unternehmen dann auch noch auf die Idee kommt, ausgerechnet bei einem Rad-Rennstall als Sponsor einzusteigen. Das lässt sich kaum mehr toppen. Es sei denn, man ist der weltweit größte Produzent des noch immer beliebten Dopingschlagers Epo und wird Titelsponsor der Kalifornien-Rundfahrt für Radprofis. 13 Jahre hält diese Liaison jetzt schon. Präziser kann man die Zielgruppe halt nicht erreichen.

Verglichen damit ist es beinahe harmlos (aber ebenfalls unglücklich), was gerade in Österreich passiert. Auch hier geht es um Haare, aber nicht um gedopte Locken, sondern um hochoffiziell transplantierte Strähnen. Der Erstligist Wacker Innsbruck hat zwei Trikotsponsoren – auf zehn Leibchen wird ganz normal für Wasserkraft geworben, auf einem für dichtes Wachstum auf der Platte.

Der Kandidat, den es erwischt hat, drängte sich durch eine enorm hohe Stirn auf. Die soll nun bald verschwunden sein, so wie bei all den kickenden Besitzern von neuem Deckhaar: Wayne Rooney, Benedikt Höwedes, Jürgen Klopp und wie sie alle heißen. Der Unterschied in Innsbruck: Die Öffentlichkeit wird den Wachstumsprozess exakt miterleben, Millimeter für Millimeter.

Und sie wird regelmäßig mit Kommentaren des Werbeträgers bedient werden. Die klingen dann total authentisch, gar nicht wie Marketingsprech. Zum Beispiel so: „Ich hoffe, dass ich einen Beitrag dazu leisten kann, dieses Thema zu enttabuisieren.“ Was man halt so sagt, wenn man sich gerade neue Haare pflanzen lässt.

Aber was soll man machen? Österreichs Fußball ist für die Werbewirtschaft nur begrenzt attraktiv, weswegen die Clubs die Einnahmen durch das Ausdehnen der Werbefläche auf Waden, Kragen und Hosenboden zu erhöhen versuchen. Auf diesem schwierigen Markt sagt niemand: „Diese Aktion ist mir zu peinlich.“

Und es gibt ja auch ein paar Gewinner. Der Sponsor dürfte am Ende des Wachstumsprozesses zufrieden sein, der dichtbehaarte Spieler auch. Nur sein Club droht auf der Strecke zu bleiben. Wacker Innsbruck ist aktuell Tabellenletzter.

marc.beyer@ovb.net

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