München – Als das große Talent zum ersten Mal aufblitzte, war es schon zu spät. In der 34. Minute, die Eisbären Berlin griffen im Powerplay an, führten zwei Stürmer aus den USA die Verteidigung des EHC München vor. Austin Ortega, der erst im Februar zu den Eisbären gewechselt war, spielte einen präzisen Pass auf Sean Backman, der seinen Stock so raffiniert gegen den rutschenden Puck drückte, dass dieser in die Luft hüpfte und – noch abgefälscht – im Tornetz landete. In diesem Angriff pinselten die Eisbären in Perfektion. Nur wie gesagt: Es war bereits zu spät.
Am Sonntag hat München, der Meister der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), den Rivalen aus Berlin 4:1 besiegt. Das sah überlegen aus, in der Viertelfinalserie (Modus: „Best of Seven“) führen die Münchner nun 2:1. Und trotzdem haben die Berliner Zweifel gestreut. In dieser 34. Minute zum Beispiel zeigten sie erneut, was in ihnen steckt. Der Stürmer Backman hat in den drei Viertelfinalspielen schon viermal getroffen. Es deutet natürlich nach wie vor alles darauf hin, dass der EHC, der Titelverteidiger, ins Halbfinale einziehen wird. Schon jetzt steht jedoch fest: So schwer wie in dieser Saison hatte es der EHC im Viertelfinale wohl noch nie. Meistens war er sogar unterfordert. Ein kurzer Rückblick.
Playoffs 2016: Im Viertelfinale traf München auf den Tabellenneunten Straubing. Das vierte Spiel klauten die Tigers, sie siegten knapp mit 2:1. Ansonsten dominierte der EHC aber – mit 13:2 Toren.
Playoffs 2017: Als DEL-Meister erwischte der EHC den Liga-Neuling Bremerhaven, der eine bemerkenswerte Saison hinlegte, im Viertelfinale aber chancenlos war. Vier Spiele, 18:5 Tore, das ging flott.
Playoffs 2018: Schon wieder Bremerhaven. Der Außenseiter schnappte sich immerhin ein Spiel, das erste der Serie, 4:3 nach Verlängerung. Danach gingen die Pinguins aber unter. Die folgenden vier Duelle endeten 6:3, 5:2, 5:2, 4:1.
Nun kann man bloß an den Toren ablesen, dass diese drei Viertelfinals für den EHC München ziemlich angenehm waren. Don Jackson, der Trainer, nutzte die erste Rundestets, um einige Abläufe wieder anzukurbeln – zwischen der Hauptrunde vergehen aufgrund der Pre-Playoffs ein paar Tage. Zuletzt also konnte sich Jacksons EHC gegen Mannschaften, die ihnen einfach nicht gewachsen waren, auf die Herausforderungen danach vorbereiten. Gerade aber ist das anders. Denn Vorjahresfinalist Berlin kann München trotz einer Saison mit vielen Problemen und einem Trainerwechsel entgegensetzen, was Straubing und Bremerhaven fehlte.
Am Sonntagabend sagte Patrick Hager, der EHC-Stürmer, dass es dem Team „komplett wurscht“ sei, gegen wen man im Viertelfinale spiele. Er gab jedoch zu, dass er Berlin vor der Saison eine Runde später erwartet habe. Aber: „Die Paarung kannst du dir nicht aussuchen.“ Daher freute er sich nach dem 4:1 lieber über „unser bestes Spiel, läuferisch wie physisch“, Kapitän Michael Wolf nannte es ein „sehr gutes Spiel mit sehr viel Druck“.
Am Freitagabend klang das noch anders. Da hatte der EHC in Berlin 0:4 verloren – und erstmals in den vergangenen drei Jahren in einem Playoffspiel kein Tor erzielt.