München – Im Ruhestand ist Felix Neureuther auch einen Tag nach seinem letzten Skirennen längst nicht angekommen. „Ich fühle mich gar nicht als Rentner“, sagte der Alpin-Star a.D. bei seiner Ankunft gestern in München. Mit einem Rollköfferchen, einem großen Rucksack und einem zufriedenen Lächeln marschierte der bald 35-Jährige durch den Flughafen und in ein neues Leben. „Respekt habe ich schon davor, ob ich das auf die Reihe bekomme. Ich habe sowieso Respekt vor jedem, der ein normales Leben führt.“ Er habe eineinhalb Jahrzehnte in der „Blase Leistungssport“ verbracht, „wo dir alles abgenommen wird“, sagte der Oberbayer und wusste: Er muss jetzt alleine klar kommen.
Dem Deutschen Skiverband (DSV) geht es ähnlich: Die Männer-Auswahl wurde viele Winter lang von Neureuther mitgezogen, seine Erfolge strahlten ab, hinter ihm konnten sich andere manchmal auch verstecken. „Alpinchef Wolfgang Maier kündigte „ neue Spielregeln und neue Hierarchien“ an.
In den schnellen Disziplinen Abfahrt und Super-G ist der Verband gut aufgestellt, wenn das Team mit den beiden Kitzbühel-Siegern Thomas Dreßen und Josef Ferstl als Frontmänner gesund durch den kommenden Winter ohne ein Großereignis kommen. Bei den Technikern ruht die Hoffnung nun vor allem auf Stefan Luitz, der eine überaus schwierige Comeback-Saison nach seinem Kreuzbandriss hinter sich hat. Durch den späten juristischen Sieg und die Rückeroberung seines ersten Weltcup-Sieges vor dem Internationalen Sportgerichtshof bekam er zumindest einen Motivationsschub für die Vorbereitung in den Sommermonaten.
„Wir haben mit dem Stefan einen, der leider wahnsinniges Verletzungspech hat, aber richtig schnell Skifahren kann. Er ist sicher derjenige, der den Ton angeben wird in Zukunft“, prophezeite Neureuther.
Sorgenfrei ist der Verband deswegen aber nicht, das betonte auch der deutsche (Ex-)Skirennfahrer mit den meisten Weltcupsiegen: „Da muss wirklich Gas gegeben werden. Vor allem auch, was die jüngere Generation betrifft. Von der Wohlfühloase wirst du sicher nicht besser werden. Du musst den Schweinehund überwinden können und einfach auch kämpfen.“
Nach den deutschen Meisterschaften in dieser Woche wird Alpinchef Maier umgehend zu einem Gespräch mit allen Beteiligten, Trainer und Athleten, bitten. „Wir müssen etwas härter werden im Ton, härter werden im Training“, hatte Cheftrainer Mathias Berthold bereits angekündigt.
Diese neue Marschrichtung wird Neureuther nicht mehr treffen. Dass seine Zeit als aktiver Skirennfahrer nach 16 Jahren nun zu Ende ist, das aber werde er erst in ein paar Wochen realisieren, meinte er. „Jetzt ist es zu wenig greifbar, weil ich noch zu sehr aufgewühlt bin.“ dpa