Das Spiel der Spiele

von Redaktion

Für den EHC München ist die Champions League zum Renner geworden

VON GÜNTER KLEIN

München/Göteborg – Für Münchner Eishockey-Verhältnisse kann man schon von einem Boom sprechen. In der Regel tut sich der Eishockey-Club trotz der Serie von drei Deutschen Meisterschaften schwer, seine überschaubar große Halle (Fassungsvermögen 6142) am Oberwiesenfeld zu füllen, und bei Auswärtsspielen an nichtbayerischen Standorten der Deutschen Eishockey-Liga sieht man in den Übertragungen nur ein versprengtes Häuflein von mitgereisten Fans – doch dieses Spiel unter der Woche, am heutigen Dienstag, in Schweden ist sehr gefragt. Um die 500 EHC-Anhänger werden im Göteborger Scandinavium dabei sein, wenn ab 19 Uhr ihr Team gegen die Frölunda Indians um den höchsten Titel spielt, den das europäische Eishockey zu vergeben hat. Es steigt das Finale in der Champions Hockey League (CHL).

Als die Münchner Qualifikation mit dem Halbfinalerfolg über Salzburg feststand, begann das große Buchen. Manche Fans reisen kostensparend kreativ von Berlin aus, weil das mit einer Billigfluglinie geht, und seit einigen Wochen vernimmt man aus der Kurve bei DEL-Spielen ein Lied, in dem als Schlagworte „Europapokal“ und „International“ vorkommen. Ja, man kann schon sagen, dass diese Partie als das größte Spiel der Vereinsgeschichte wahrgenommen wird, die eine junge ist – egal, ob man die Gründung des HC 98 (aus dem später der EHC wurde) oder die Übernahme durch den Red-Bull-Konzern 2013 als Anfangspunkt definiert. Und noch nie ist eine deutsche Mannschaft auch nur in die Nähe eines solchen Erfolgs in der CHL gekommen.

Das Team trägt seine Beschwingtheit sichtbar vor sich her. Dass es auswärts antreten muss – kein Handicap. „Spielt uns vielleicht sogar in die Karten“, meint Verteidiger Kony Abeltshauser. In der K.o.-Runde hat der EHC auf fremdem Eis immer besser gespielt als zuhause: 2:0 beim Schweizer Spitzenclub EV Zug, 5:5 nach Verlängerung bei den Malmö Redhawks, 3:1 in Salzburg.

Die Frölunda Indians sind souveräner durch die CHL gekommen, ohne Wackler, die Historie spricht für sie; es ist in fünf Jahren ihre vierte Finalteilnahme, zweimal haben sie den Pokal, der aussieht wie ein russischer Samowar, gewonnen. Doch wenn man den Münchner Patrick Hager überspitzt fragt, ob der EHC sich eine realistische Chance ausrechnen dürfe, bekommt man einen Augen-Check ab. Und die Frage, was die Indians denn mehr zu bieten hätten? „Sie haben ein, zwei junge Spieler, die nach der NHL schielen und die individuell mehr herausstechen als wir. Dazu zwei Nordamerikaner.“ Ansonsten halt auch Spieler, die in der eigenen Liga hängen geblieben oder nicht weitergekommen sind.

München ist von den Nationalitäten im Kader anders strukturiert. „Halb deutsche Spieler, halb Importe“, so beschreibt es Trainer Don Jackson. Ein europäisches Club-Finale wirkt exotisch auf alle, die in der nordamerikanischen Eishockey-Kultur aufgewachsen sind. Trevor Parkes, Kanadier, muss da auch ein wenig schmunzeln, doch er sieht es pragmatisch: „Es ist ein Spiel um eine Meisterschaft. Das hat man nicht so oft im Leben.“

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