Gröden – Zuerst huschte Josef Ferstl ein kurzes Lächeln über das Gesicht, dann ballte er kurz die Hand zur Faust. Die Freude war nicht überschwänglich beim Blick auf die Anzeigetafel, schließlich wusste er auch noch nicht, was am Ende herauskommen würde beim Super-G in Gröden. Die meisten der Favoriten standen ja noch oben. Als der Skirennläufer vom SC Hammer im Ziel abschwang, war er Dritter, als das Weltcup-Rennen vorbei war, belegte er den 6. Rang, mit 0,82 Sekunden Rückstand auf Sieger Aksel Lund Svindal (Norwegen.) Andreas Sander (Ennepetal) landete auf Rang 10 und rundete damit das gute deutsche Ergebnis ab.
Für Ferstl war das Resultat von Gröden „ein kleines Geschenk“, für die gebeutelte deutsche Mannschaft ebenso. „Es war Start in die Saison, wie man es sich nicht unbedingt wünscht“, gab Cheftrainer Mathias Berthold zu. Alpindirektor Wolfgang Maier sprach von einer „Achterbahnfahrt“, wobei die glänzenden Momente doch sehr übersichtlich waren. Es überwogen die schlechten Nachrichten: Die Daumenverletzung von Felix Neureuther, der Kreuzbandriss von Thomas Dreßen und zuletzt die sogenannte Sauerstoff-Affäre um Stefan Luitz. Der hatte eigentlich für den bisher einzig richtigen Höhepunkt im Männerteam in diesem Winter mit seinem Riesenslalom-Sieg von Beaver Creek gesorgt. Aber wegen der unerlaubten Sauerstoffzufuhr beim Rennen empfahl nun das Anti-Doping-Panel des Internationalen Skiverbandes FIS die Disqualifizierung des Athleten. Maier bestätigte den Eingang eines entsprechenden Schreibens. Der Deutsche Skiverband hat nun 15 Tage Zeit für eine Stellungnahme.
Die Schnellfahrer-Sparte tangiert der Wirbel um den Mannschaftskollegen nur am Rande. Sie hatten und haben ganz andere Sorgen. Es gehe in dieser Saison „ein bisschen zäher von der Hand“, gab Ferstl zu. Sein Auftakt ging schief. In Lake Louise vergriff er sich beim Material, in Beaver Creek musste er nach starkem Schneefall mit der Startnummer 1 ins Rennen gehen und war chancenlos. Bei Sander klappte in Übersee überhaupt nichts, es habe „die hundertprozentige Überzeugung“ gefehlt, gab er zu. In Gröden war die plötzlich wieder da. „Es ist gut gelungen, ein Zeichen zu setzen in die andere Richtung“, sagt Sander.
Nach dem Ausfall von Dreßen rücken Sander und Ferstl wieder mehr in den Fokus. Sie sind es zwar gewohnt, galten sie doch bis zum vergangenen Jahr noch als diejenigen, die in erster Linie für den Aufschwung in der deutschen Abfahrtsmannschaft verantwortlich waren. Dann zog der Jüngere davon und stand nach seinem Kitzbühel-Sieg plötzlich im Rampenlicht. „Mit dem Thomas fällt natürlich jetzt einer weg aus dem Dreieck, in dem wir uns echt immer gut ergänzt haben. Da ist man im Team schon ein bisschen geschwächt“, gibt Ferstl zu. Berthold traut ihm und Sander zu, in die Bresche zu springen. Sie hätten ein ähnliches Leistungsvermögen wie Dreßen, sagt er. „Sie zeigen es eigentlich zu wenig.“
Ferstl war dies vor einem Jahr einmal gelungen, als er überraschend den Super-G auf der Saslong gewonnen hatte, begünstigt von einer frühen Startnummer. In der vergangenen Saison bremsten ihn anschließend ein wenig die eigenen Erwartungen. Die Rückkehr nach Gröden gab ihn nach dem schwierigen Auftakt Auftrieb. Es sei für ihn schon immer einer der schönsten Weltcup-Orte. „Und wenn man schon mal hier gewonnen hat, macht es das noch einmal leichter.“ Aber am Start spielte dies keine Rolle mehr: „Wir sehen es ja: Man muss immer Gas geben, sonst gewinnt man keinen Blumentopf.“ Am Freitag gab es für Ferstl zwar weder Blumen noch Trophäen. Aber dafür die Gewissheit, im Jahr zuvor nicht ganz zufällig sehr weit vorne gelandet zu sein.