Der zwölfte Mann der Bayern

von Redaktion

Es gibt einige prominente Reservisten beim FC Bayern, doch keiner findet so viel Beachtung wie Mats Hummels. Seit Wochen schweigt der Weltmeister zu seinem Reservistendasein. Aber dieses Schweigen ist ohrenbetäubend.

VON MARC BEYER

München – Wenn man Niko Kovac richtig verstanden hat, dann hat Mats Hummels in dieser Woche gut trainiert. Wobei, ganz so einfach liegen die Dinge nicht. Denn wenn man den Trainer des FC Bayern nach seinem prominentesten Reservisten fragt, spricht er reflexartig auch über all die anderen, die momentan zu kurz kommen und sich doch nicht hängen lassen, über Javi Martinez und Thiago und Kingsley Coman. Den „King“, wie man ihn bei den Bayern nennt.

Mats Hummels hat zurzeit nicht diesen erhabenen Status. Und wenn er es sich recht überlegt, muss Niko Kovac schon auch einräumen, dass das mit den Trainingseindrücken momentan ein relatives Lob ist. Denn so viel könne man ja eigentlich gar nicht trainieren, „wenn alle drei Tage ein Spiel ist“.

Will man aus dem, was der Trainer in der Pressekonferenz vor dem Gastspiel bei Hannover 96 sagte, überhaupt etwas für die Reservisten Aufbauendes herausfiltern, dann vor allem die Tatsache, dass Kovac für die nächsten Partien Wechsel nicht mehr kategorisch ausschließt. Nachdem er nun dreimal in Folge die selbe Elf aufs Feld geschickt und damit gute Erfahrungen gemacht hat, könnten bald auch die Nummern 12, 13 und 14 zum Zug kommen.

Nicht ohne Grund weist Kovac darauf hin, dass die Trainings- und Belastungssteuerung bei den Bayern sehr gut klappe und dass bis auf Arjen Robben, der wegen seiner Oberschenkelbeschwerden dieses Jahr nicht mehr spielen wird, kaum ein Bayern-Profi während der Hinrunde muskuläre Probleme gehabt habe. Nach der kräftezehrenden Aufgabe in Amsterdam liegt es nahe, die Tiefe des Kaders mal wieder auszuloten. Das könnte nicht nur Hummels zugute kommen, sondern auch Martinez, dessen Vertreter Leon Goretzka in der Champions League einen bösen Tritt abbekam. Und den frisch von Verletzungen genesenen Thiago und Coman, die bei ihren Teilzeiteinsätzen in Amsterdam einen vielversprechenden Eindruck hinterließen.

Am meisten Aufsehen aber erregt die Reservistenrolle des Mannes, der vor etwas mehr als einem Monat noch Abwehrchef war – in jenem unseligen Spiel bei Borussia Dortmund, in das er trotz Erkrankung ging, was ihm und seiner Mannschaft nicht gut bekam. Seitdem ist Hummels Ersatz und hat darüber noch kein Wort verloren. Er schweigt über diesen Umstand und seine Gemütslage jedoch auf eine Art, die fast schon ohrenbetäubend ist. Als wären die Kopfhörer, mit denen er seitdem das Stadion verlässt und die seinen Unwillen zum Interview ausdrücken, nicht Statement genug, hat er diese Woche ein Foto in den sozialen Netzwerken verbreitet. Es entstand wenige Stunden vor den Anpfiff in Amsterdam, im Fitnessraum des Mannschaftshotels. Wieder trägt Hummels Kopfhörer, dazu legt er den Zeigefinger zum Zeichen des Schweigens über die Lippen.

Es bleibt spannend bei den Bayern, und auch wenn sie sportlich wieder zur Ruhe gekommen sind, brodelt es unter der Oberfläche weiterhin. Kovac kann es nicht gefallen, wenn ein unzufriedener Spieler Botschaften ohne Worte, aber mit viel Sprengkraft verbreitet. Momentan spricht wenig dafür, dass sich beide Seiten in diesem schwelenden Konflikt annähern. „Klar ist Mats Weltmeister“, setzt der Trainer an, doch mit dem nächsten Satz verpufft das vermeintliche Lob gleich wieder: „Aber auch Javi, Thiago und Kingsley haben einen großen Namen.“ Noch das Positivste, was dem Trainer zu Hummels über die Lippen kommt, ist der Hinweis, er wisse, „dass man sich auf ihn verlassen kann“. Kurze Pause. „Genauso wie auf jeden anderen.“

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