Für eine ehrlich gemeinte Mitleidsbekundung muss in diesem zynischen Fußballgeschäft einmal Zeit sein. Wie skurril ist der Abschied von ZSKA Moskau nach dieser Champions League-Vorrunde? Die Russen schlugen den amtierenden Titelträger Real Madrid in beiden Duellen, nun sogar 3:0 in der spanischen Hauptstadt – und trotzdem wurden sie Gruppenletzter. Wodka trinkt man pur und kalt, das macht 100 Jahre alt, heißt es. Sie werden ein paar Gläser benötigen und dennoch in 100 Jahren nicht vergessen, wie bitter dieses Aus war.
Über welche Leistungen die Menschen im nächsten Jahrhundert sonst noch so sprechen werden, ist unklar. So eine Vorrunde treibt skurrile Blüten, und die wenigsten haben gehaltvolle Aussagekraft. Das beste Team war gemäß den Zahlen zum Beispiel der FC Porto, doch die Portugiesen werden dennoch als dankbarer Gegner im Achtelfinale bewertet. Die zweitbeste Darbietung lieferte – nimmt man wieder die Zahlen als Basis – kurioserweise der FC Bayern ab, Kopf an Kopf mit dem FC Barcelona, aber die Münchner haben ein Tor mehr geschossen. Die Statistiken machen das Team von Niko Kovac jetzt dennoch nicht zum Top-Favoriten. Fußball, das weiß man in München nur zu gut, ist nun mal keine Mathematik.
Die Besetzung des Achtelfinales 2019 liest sich wie immer prominent. Die Bel-Etage hat sich geschlossen qualifiziert (Barcelona, Paris, Real Madrid, Manchester City, Juventus Turin, Atletico Madrid, Liverpool, auch die Bayern und Dortmund gehören zum Kreis, genauso Manchester United, das aber bessere Zeiten gesehen hat). Dazu kommen Aufsteiger wie die Tottenham Hotspurs und Ajax Amsterdam. Bei Porto, AS Rom und Schalke kann man zumindest von keinen Neulingen sprechen. Es ist ein interessanter Mix – und ausgeglichener als in den Vorjahren, was auch daran liegt, dass die Bundesliga drei ihrer vier Abgesandten ins neue Jahr retten konnte.
Und wer hat die besten Chancen auf den Titel – Stand jetzt? Manchester City wird oft genannt. Juve hat Cristiano Ronaldo, Barcelona noch immer Lionel Messi – und Real ist Real. Die Madrilenen werden ihre Pleiten gegen Moskau verschmerzen. Sie sind noch im Rennen, während andere trübsinnig ins leere Wodka-Glas starren.
andreas.werner@ovb.net