München – Wolfgang Maier ist genervt, ziemlich genervt, aber das kann dem Alpindirektor des Deutschen Skiverbandes nach den Ereignissen um Stefan Luitz am vergangenen Wochenende auch niemand verdenken. Er habe in den vergangenen Tagen sehr viel telefoniert, sagte Maier, und dabei immer wieder das Gleiche erzählt, erzählen müssen. „Wir haben einen Fehler gemacht, das stimmt“, gibt er zu. Aber er stört sich daran, dass nun von vielen Seiten, auch von sogenannten Anti-Doping-Experten, sein Vorgehen und das von Cheftrainer Mathias Berthold als unprofessionell oder gar fahrlässig kritisiert wird.
Zunächst landet man in der „Sauerstoff-Affäre“, wie der Regelverstoß von Beaver Creek mittlerweile nur noch genannt wird, natürlich beim Verband und der Frage, warum der Fehler passieren konnte. Stefan Luitz war vor seinem Weltcup-Sieg beim Riesenslalom in den Rocky Mountains im Aufenthaltsbereich der Athleten dabei fotografiert worden, wie er Sauerstoff über eine Maske eingeatmet hatte. Dieses Foto landete ein paar Tage später beim Internationalen Skiverband FIS, und der grübelt seitdem, wie er damit umzugehen hat.
Eigentlich müsste Luitz der Sieg aberkannt werden, denn nach den Anti-Doping-Regeln der FIS ist die Sauerstoffzufuhr bei Wettkämpfen verboten und mit einer Disqualifikation zu ahnden. Wobei Maier betont, dass Luitz’ Vergehen nichts mit Doping zu tun habe: „Wir akzeptieren, wenn man sagt, wir haben einen Regelverstoß gemacht. Aber nicht, dass wir gedopt haben. Wir betrügen nicht.“
Schon gar nicht, wenn es nach der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA geht. In deren Reglement ist die Sauerstoffzufuhr nämlich im Gegensatz zur FIS erlaubt, egal, ob im Training oder während eines Wettkampfs – und damit beginnt die Angelegenheit kompliziert zu werden.
Es war auch dem DSV bekannt, dass die Regelwerke von FIS und WADA nicht immer übereinstimmen. Deshalb, sagt Maier, habe man sich noch vor dem Rennen erkundigt. Berthold versuchte, auf seinem Mobiltelefon die entsprechende Passage in den Anti-Doping-Regeln der FIS zu finden, sei aber immer wieder aus dem Internet geflogen, erzählt Maier. Er selbst habe sich bei drei Ärzten erkundigt, ob die Sauerstoffzufuhr erlaubt sei. Die hätten recherchiert und dann ihr Okay gegeben. Man müsse ihm als Alpindirektor zugestehen, dass er das Regelwerk nicht auswendig kenne, sondern sich auf die Aussagen der Experten verlasse, findet Maier.
Die FIS steht unter Druck, möglichst noch vor dem nächsten Riesenslalom am Sonntag in Alta Badia, eine Entscheidung über das Strafmaß zu treffen. Verlierer in dieser Causa werden vor allem der Athlet und der DSV sein, aber auch FIS und WADA müssen sich ein paar Fragen stellen. Zum Beispiel die, warum die WADA-Liste der verbotenen Substanzen und Methoden in diesem Jahr angepasst wurde, aber die der FIS nicht? Oder warum sich auf der ersten Seite des FIS-Regelwerks ein Hinweis findet, der impliziert, dass das Gleiche gilt wie bei der WADA? „In Übereinstimmung mit der Welt-Doping-Agentur zusammengestellt“, steht auf dem Deckblatt.