Es wäre sicher übertrieben, den alpinen Skisport zur dopingfreien Sparte zu erklären. Allerdings sind in diesem Metier bislang tatsächlich nur wenige Missetaten bekannt geworden. Und die letzten prominenten Fälle – der Brite Alain Baxter (ihm wurde 2002 olympisches Slalom-Bronze aberkannt) und der Österreicher Hans Knauß (2004) – liegen schon ein paar Jährchen zurück. Umso größer ist nun die böse Überraschung, dass der Skirennfahrer Stefan Luitz bei seinem ersten Weltcupsieg offenbar im Dschungel der Dopingparagrafen eingefädelt hat. Und auch das durch einen anonymen Hinweis ruchbar gewordene Vergehen hört sich zunächst einmal merkwürdig an: Einnahme von Sauerstoff.
Zu den Fakten: Fest steht, dass dem Allgäuer zwischen den beiden Durchgängen des Riesenslalomrennens in Kanada Sauerstoff verabreicht worden ist. Damit hat er zwar nicht gegen die seit 1. Januar 2018 gültigen Regularien der obersten Anti-Doping-Behörde WADA verstoßen, das Oxygenium steht aber sehr wohl noch auf der Verbotsliste des Ski-Weltverbands FIS. So gesehen hat sich Luitz tatsächlich anfechtbar gemacht. Zumal seine Konkurrenten, die nicht auf den Muntermacher zurückgriffen, einen Nachteil hatten.
Auf der Suche nach den Verantwortlichen führt die Spur unweigerlich zu Luitz’ Betreuerteam, also dem Deutschen Ski-Verband (DSV). Hier hat man es ganz offensichtlich versäumt, sich entsprechend kundig zu machen. Ein ziemlich peinlicher und voraussichtlich auch folgenschwerer Fauxpas. Zumal sich im von Dopingkrisen überschatteten Leistungssport längst herumgesprochen haben sollte, dass man sich Anti-Doping-Richtlinien besser dreimal durchliest. Beim DSV scheint man das aktuelle Regularium aber ignoriert zu haben. Sicher, hier – im moralischen Sinne – von einem Dopingfall zu sprechen, wäre nach Lage der Dinge eher Unsinn. Aber ganz offensichtlich liegt ein klarer Verstoß vor.
Der Leidtragende ist nun wohl der Sportler. Er muss davon ausgehen, dass er sich auf seine Helfer in jeder Hinsicht verlassen kann. Für den „Fehler“, den Alpinchef Wolfgang Maier bereits eingeräumt hat, trägt er nicht die geringste Verantwortung. Dennoch ist es der schuldlose Stefan Luitz, dem eine Strafe droht – und der somit für die Dummheit der DSV-Funktionäre büßen müsste.
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