Dublin – Wie viel Fußball darf es noch sein? Mit der Einführung eines dritten Europacups hat die UEFA ungeachtet vieler kritischer Stimmen die Inflation der Wettbewerbe weiter vorangetrieben. DFB-Boss Reinhard Grindel und UEFA-Präsident Aleksander Ceferin verteidigten die Entscheidung des Exekutivkomitees. Doch bei Clubs und Fanvertretern stößt das Projekt der Europa League 2, das mit der Saison 2021/22 in zweieinhalb Jahren startet, schon jetzt auf Unverständnis.
„Das ist ein weiteres Indiz dafür, dass die Faninteressen von der UEFA immer weniger beachtet werden“, sagte Jochen Grotepaß von der Fan-Interessengemeinschaft „Unsere Kurve“. „Da wird wieder weiter an der Kommerzialisierungsschraube gedreht.“ Grotepaß rechnet damit, dass in verschiedenen Fanszenen auch zum Thema Europa League 2 Protestaktionen koordiniert werden könnten.
Die Auswirkungen für die Bundesligisten sind durch den neuen Wettbewerb gering. Aber das Gefühl, dass der Markt durch noch mehr Fußball übersättigt wird, wächst immer mehr. Es passt in die Großwetterlage des Weltfußballs, in der FIFA-Boss Gianni Infantino versucht, mit Milliarden-Offerten von Investoren Argumente für eine neue Club-WM und eine globale Nations League zu finden.
Die genauen finanziellen Rahmenbedingungen für die Europa League 2 sind noch nicht fixiert. Aber die Milliarden-Geldmaschine Europacup hat für die UEFA zuletzt kontinuierlich mehr Profit produziert. Daran wollen auch die kleineren und mittleren Verbände partizipieren. „Es gab eine weit verbreitete Forderung aller Clubs, ihre Chancen zu erhöhen, regelmäßiger am europäischen Wettbewerb teilzunehmen“, sagte Ceferin. Die Initiative ging von der immer mächtiger werdenden European Club Association aus, die ausgewählte Vereine vertritt und vor allem die Interessen der Top-Clubs wie Real Madrid, Bayern München oder Juventus Turin schützt.
Grindel spürte offenbar die generell skeptische deutsche Haltung und verteidigte sein Abstimmungsverhalten. „Es gab im Exekutivkomitee eine überwältigende Mehrheit für die Einführung des neuen Wettbewerbs“, sagte Grindel. Er verstehe er die Entscheidung auch als Solidarität der großen Verbände mit den kleineren Fußball-Nationen, die nun leichter Zugang zu einem Europapokal bekommen. Zudem hätte eine Verweigerungshaltung all jene Funktionäre verärgert, die Deutschland zum EM-Gastgeber 2024 gewählt hatten.
Aus der Bundesliga werden in Champions League weiter vier und in der auf 32 Teams reduzierten Europa League nur noch zwei Teams starten. Der Bundesliga-Sechste oder -Siebte hingegen muss sich nicht mehr durch drei Quali-Runden in die Europa League mühen, sondern bekommt über ein Playoff die Chance auf einen von 32 Gruppenplätzen in der EL 2.
Für die großen deutschen TV-Sender wird der drittklassige Wettbewerb uninteressant sein. Für die Champions League gibt es immer einen Bieterwettbewerb, den zuletzt Sky in Kooperation mit DAZN gewann und das ZDF verlor. Aber schon bei der Europa League war die Nachfrage gering. Zu unattraktiv sind aus TV-Sicht die Teilnehmer, so dass seit vielen Jahren nur Nischenanbieter den zweitklassigen Wettbewerb zeigen. Das wird erst recht bei einem dritten Europapokal mit nur einem deutschen Starter und No-Name-Teams aus dem Auslands so sein. dpa