München – Niko Kovac hat ein Problem. Genau genommen sind es im Moment mehrere, aber es geht ausnahmsweise nicht um die Zukunft des Trainers beim FC Bayern, auch nicht um die „Maulwürfe“ in der Mannschaft, die Interna nach außen tragen, so viele, dass man sich beim deutschen Rekordmeister an die Zeiten von Lothar Matthäus und dessen innigem Verhältnis zu einem Boulevard-Reporter erinnert fühlt. Kovac’ Problem betrifft die Außenverteidigung, weil er nur noch zwei Spieler für die beiden Positionen zur Verfügung hat. Eigentlich sind es drei, aber der dritte, Joshua Kimmich, findet Kovac, soll da nicht mehr unbedingt spielen – und sieht es damit so ähnlich wie Bundestrainer Joachim Löw, der findet dies allerdings schon länger so.
Die Lösung mit dem 23-jährigen Schwaben und Leon Goretzka auf der Sechserposition sei „eine gute Idee des Tainerteams“ gewesen, sagte Kovac nach der Champions Legue-Partie gegen Benfica Lissabon. „Und es ist auch eine gute Idee für die Zukunft.“ Also auch für das Spiel am Samstag bei Werder Bremen.
Wobei Goretzka bei dieser Zukunftslösung leichter ersetzbar sein dürfte als Kimmich – zum Beispiel durch Thiago, wenn der Spanier, der nach seiner Sprunggelenksblessur in Bremen in den Kader zurückkehren wird, wieder ganz fit ist. Er war bis zu seiner Verletzung Ende Oktober der Taktgeber in der Münchner Zentrale. Ohne Thiago an seiner Seite verlor Javi Martinez, unter Jupp Heynckes gesetzt auf der Sechs, Form und Sicherheit. Er konnte der Mannschaft in den vergangenen Wochen nicht zu mehr Stabilität in der Mitte verhelfen und scheint bei Kovac nun keine große Rolle mehr zu spielen.
Es hat lange gedauert, bis Kovac zu dieser Überzeugung gekommen ist, dass Kimmich in die Mitte gehört – und dafür gab es ein paar gute Gründe. Einer ist eben die personelle Situation beim deutschen Rekordmeister. Bis vor kurzem drängelten sich reichlich Akteure um die Plätze im zentralen Mittelfeld, dafür gab es für die rechte und linke Abwehrseite nur jeweils einen Spieler. Zudem galt Kimmich auf der rechten Seite als alternativlos gut.
Das gilt er zwar immer noch, aber nun scheint er auch alternativlos gut für die Absicherung im Bayern-Mittelfeld zu sein. Schon früher hatte Mats Hummels wissen lassen, dass der Teamkollege „wirklich alles“ habe, um erfolgreich als Sechser zu spielen, jenen Platz im Mittelfeld, den Kimmich schon öfter als seine Lieblingsposition bezeichnete.
Auch Sami Khedira, der Weltmeister von 2014, schwärme jüngst von dem jungen Münchner. „Ich weiß, dass er langfristig die Sechserposition überragend bekleiden kann“, sagte der Spieler von Juventus Turin. Er habe „die Qualitäten, die Ruhe und auch die Führungsqualitäten“ dafür.
In der deutschen Nationalmannschaft gelang Kimmich der Wechsel von rechts hinten in die Mitte beim Neuanfang nach dem WM-Desaster auf Anhieb – und so überzeugend, dass Löw ihn schnell als Dauerlösung bezeichnete. In München hingegen ging die Premiere knapp zwei Monate später ziemlich daneben. Das Spiel gegen den SC Freiburg Anfang November, gab Kimmich zu, „war in dreieinhalb Jahren mein schwächstes Spiel bei Bayern“. Er destabilisierte das Mittelfeld, statt es zu stabilisieren. Aber Kovac und sein Team hatten ja die gute Idee, Kimmich eine zweite Chance zu geben.