Stuttgart – Michael Kraus ist selbst daran Schuld, dass er plötzlich wieder ein Kandidat für die Handball-Nationalmannschaft ist. 29 Tore hat der Weltmeister von 2007 in seinen zwei jüngsten Bundesliga-Spielen für den TVB Stuttgart geworfen, 18 gegen den TSV Hannover-Burgdorf, elf in der vergangenen Woche in Berlin. Fast alles, was der 35-Jährige gerade auf dem Feld macht, scheint zu gelingen. Und rund zwei Monate vor Beginn der Heim-WM hat natürlich auch der Deutsche Handballbund (DHB) seine Leistungsexplosion registriert.
„Er ist ein Top-Sportsmann, der sich auch in Nationalmannschafts-Zeiten immer top dargestellt hat. Von daher kann es keinen Grund geben, die Tür für ihn vorzeitig zu schließen“, sagte Axel Kromer, Sportvorstand des DHB. Letztmals hatte der Spielmacher 2015 für die DHB-Auswahl gespielt. Eine Rückkehr zur von Deutschland und Dänemark im Januar 2019 ausgerichteten WM „wäre eine große Ehre“, wie er Kraus sagte. Aber: „Bisher hat das Telefon noch nicht geklingelt.“
Vielleicht sollte Kraus sein Handy in nächster Zeit aber etwas genauer im Blick behalten. Denn für sein Comeback in der von Christian Prokop trainierten Nationalmannschaft würde nicht nur seine aktuell gute Form sprechen. Seit dem Kreuzbandriss von Julius Kühn fehlt es dem Bundestrainer an einem wurfgewaltigen Spieler aus dem Rückraum. Auch ein starker Regisseur fehlt dem Team. Zuletzt hatte Prokop bereits mit der überraschenden Rückholaktion des 32-jährigen Zweitligaspielers Martin Strobel auf seine Probleme auf der Spielmacher-Position reagiert. Warum sollte also nicht auch der 35 Jahre alte Kraus zurückkehren?
„Bis zur WM kann noch viel passieren in Sachen Form und Verletzung. Und wir haben unsere langfristige WM-Vorbereitung zuletzt ja ohne ihn begonnen“, sagte Sportvorstand Kromer. In diese war die DHB-Auswahl zwar auch ohne Zweitliga-Profi Strobel gestartet. Strobel aber war immerhin zuletzt schon bei den EM-Qualifikationsspielen gegen Israel und im Kosovo dabei gewesen. Kraus aber steht für etwas, was Strobel fehlt: Torgefahr.
Vor elf Jahren hat Kraus mit dem WM-Titel im eigenen Land einer der größten Erfolge seiner Karriere gelungen. Er weiß also, was auf die Nationalmannschaft jetzt zukommt. „Aber mit diesem Hirngespinst setze ich mich aktuell nicht auseinander. Es gab auch keine Anfrage“, sagte Kraus bei Sky. Das könnte sich noch ändern. dpa