Nations League, 2. Runde

Unbekanntes Fußball-Flugobjekt

von Redaktion

ANDREAS WERNER

Um markige Worte ist Jürgen Klopp selten verlegen, und auch sonst hat der Teammanager des FC Liverpool sich schon oft als volksnaher Seismograph bewiesen. Anfang der Woche wetterte er über die Nations League, es handle sich dabei um den überflüssigsten Fußball-Wettbwerb der Geschichte. Der Branche ist es ja durchaus nicht fremd, immer neue Formate zu finden, um Gelder zu generieren. Selbst der Einfluss von Klopp ist da gering. Zu Beginn der zweiten Runde der Nations League rätselt man also noch immer über den Kosten-Nutzen-Faktor. Generell ist der Wettbewerb so etwas wie das unbekannte Fußball-Flugojekt unserer Zeit.

Nicht nur Klopp würde dieses UFO gerne wieder aus der Umlaufbahn verbannen, doch der Coach gab auch zu, dass ihn eigene Interessen bei seiner Attacke motivierten. Da es für die Nationalteams nun im an und für sich emotionsarmen Herbst plötzlich um Auf- und Abstieg geht, sind Verhandlungen über Spielerabstellungen – ohnehin ein sensibles Thema – nicht mehr drin. Die Verbände sind plötzlich unter Druck, warum auch immer. Die Stars müssen antreten, es geht ja schließlich um was. Für die Fans ist das ja eigentlich gut und interessant – dennoch stellt sich die Frage, ob hinter dem künstlich entworfenen Modus nicht doch demaskierender Unfug steht. Oder Gier. Denn freilich geht es ums Geld.

Joachim Löw hat die Haltung, die Nations League gut zu finden. Das muss er ja auch als Teil des Betriebs – andererseits steckt gerade er in einer artifiziellen Problemzone fest. Normalerweise können Nationaltrainer zwischen zwei großen Turnieren recht unfallfrei ihrem Beruf nachgehen; höchstens deftige Niederlagen gefährden ihre Posten, und da die Verbände ihre Testgegner klug auswählen und in den Qualifikationsrunden selten Top-Teams aufeinanderprallen, läuft alles recht gemütlich. Nun aber ist Löw gefordert – und auch der DFB: Was passiert, wenn Deutschland am Ende Gruppenletzter wird und, Schluck, welch’ schrecklich’ Wort: absteigt?

Es wird spannend, wie die Bewertung eines Misserfolgs in diesem neuen Format ausfällt. Bleibt man cool, weil doch alles irgendwo an einem anonymen Reißbrett erfunden ist? Oder wird es nicht möglich sein, sich der allgemeinen Hektik zu entziehen und zu reagieren? Julian Draxler sagte diese Woche, er bleibe bei seiner Meinung, dass nur WM und EM wirkliches Gewicht haben. Dass man sich aber in der Nations League gegen die Niederlande und Frankreich auch reinhängen werde, schob er sicherheitshalber noch nach. Irgendwie klang aber auch er so, als hätte er nichts dagegen gehabt, wenn dieses UFO Nations League nie gesichtet worden wäre.

andreas.werner@ovb.net

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