München – Viel Mitleid hatte Dejan Radonjic am Ende nicht. Schon Freitag bestellte der Trainer der Basketballer des FC Bayern seine Profis wieder am Audi Dome ein. Es galt aufzuarbeiten, was sich da am Abend zuvor abgespielt hatte. Mit 71:90 war der Double-Sieger gegen Anadolu Istanbul baden gegangen.
Das war weit deftiger, als es sich auch die größten Skeptiker ausgemalt hatten. Und da half auch die vergleichsweise freundliche Erklärung wenig, die Gäste-Coach Engin Ataman kurz nach der Schlusssirene abgeliefert hatte. „Es war unser Glück und Bayerns Pech“, hatte der frühere türkische Nationalcoach da erzählt, „aber wir haben ein perfektes Spiel geliefert.“
War ja auch nicht falsch. Auch der türkische Milliardär Tuncay Özilhan hatte sich von der ersten Reihe aus mit zufriedenem Lächeln ansehen dürfen, dass seine Millioneninvestitionen dieses Sommers ihre Wirkung offenkundig nicht verfehlt hatten. Anadolu lieferte ein vorzügliches Spiel ab.
Aber ähnliche Kaliber werden die Bayern in den nächsten Wochen und Monaten in der Euroleague noch des Öfteren treffen, und natürlich haben sich die Münchner schon vorgenommen, mit den Topadressen auch in diesem Jahr zumindest mitzuspielen. Ein Vorhaben, dass an diesem ersten europäischen Abend krachend schief ging Die Realität: Als Mannschaft funktioniert man noch nicht über 40 Minuten. Und individuell? Waren selbst Europa-erprobte Kräfte wie Maodo Lo, Leon Radosevic oder auch Nemanja Dangubic Totalausfälle. „Wir haben nur sieben, acht Minuten so gespielt, wie man das auf diesem Niveau muss“, stellte Trainer Dejan Radonjic ernüchtert fest. Auch Routinier Petteri Koponen gab sich ernüchtert. „Es war klar, dass wir noch viel Arbeit vor uns haben“, sagte der 30-Jährige, der neben Stefan Jovic bester Bayer war, „und wir müssen schnell lernen.“
Denn die Realitäten der Euroleague sind hart. Kommende Woche müssen Kapitän Danilo Barthel und Kollegen gleich zweimal ran. Am Dienstag zuhause gegen Panathinaikos Athen, am Donnerstag bei Svetislav Pesics FC Barcelona. Steht man dann mit einer 0:3-Bilanz da, könnte diese Saison in der Königsklasse schon unerwartet früh eine ungünstige Dynamik bekommen. Wobei man abwarten muss, ob es sich als Vor- oder vielleicht doch als Nachteil erweisen wird, dass der Spielplan nicht weniger als zehn ihrer 15 Euroleague-Heimspiele bereits in der Vorrunde beschert.
Vielleicht beschert ja früher oder später Neuzugang Derrick Williams den Bayern das Aha-Erlebnis, auf das man nun noch vergeblich wartet. Gegen Istanbul allerdings nahm Radonjic den US-Forward gar nicht erst in den Kader, er saß noch im Trainingsanzug hinter der Bande. „Er ist noch nicht ganz fit“, erklärte Geschäftsführer Marko Pesic.
Doch das dürfte sich schon bald ändern. Wahrscheinlich wird der NBA-erfahrene Neuzugang aus Kalifornien schon am Sonntag im Bundesliga-Duell in Braunschweig (15.00 Uhr/Sport1) seine ersten Spielminuten in Europa absolvieren.