Gelsenkirchen – Gelsenkirchen liegt nur einen Weitschuss entfernt von Essen, der Heimatstadt von Frank Mill, aber das nur nebenbei. Man konnte sich am Samstag an den ehemaligen Nationalstürmer erinnert fühlen, wenigstens ein bisschen. Auf dessen Konto geht die Mutter aller Fehlschüsse. Wie der damalige Dortmunder vor 32 Jahren aufs leere Tor des FC Bayern zusprintete und zielsicher den Außenpfosten traf, treibt Zeitzeugen noch heute Lachtränen in die Augen.
Gut, verglichen mit damals war das Malheur, das James nach 50 Minuten unterlief, verzeihlich. Es ging ja alles sehr schnell, durchs Mittelfeld über Lewandowski und weiter zu Ribery, schließlich auf den Kolumbianer, der nur noch vollstrecken musste. Mit seinem bewährten linken Fuß. Vor dem leeren Tor. Irgendwie schaffte er es dennoch, vorbei zu schießen. Die Nummer hatte fast Slapstick-Charakter, aber in die Bundesliga-Chroniken wird sie es nicht schaffen. Allein an diesem und dem letzten Spieltag unterliefen den Hoffenheimern Kramaric und Belfodil ähnliche Offensivschnitzer.
In diesem Moment und auf diese Weise zu scheitern, war weit unter James’ Würde. Der samtfüßige Techniker, der vor zwei Wochen noch zu kriseln schien, agierte im Schalker Herbst so unwiderstehlich, als sei es die leichteste Übung. Das frühe 1:0 erzielt er per Kopf (wie schon vor einer Woche gegen Leverkusen), wobei ihn sein Ex-Kollege Sebastian Rudy großzügig gewähren ließ. Ein zweites Tor verhinderte Keeper Ralf Fährmann, der einen feinen Chip ebenso bravourös entschärfte. Dafür war James am 2:0 aktiv beteiligt, als ihn Alessandro Schöpf so unsanft wie tölpelhaft im Strafraum zu Fall brachte. Insgesamt war er die prägnanteste Figur des Spiels, wenngleich er auch derjenige war, der Schalkes McKennie mit einem unabsichtlichen Tritt schwer am Unterschenkel traf (gestern gab der Club Entwarnung).
Streng genommen war der Linksfuß am Samstag der Vertreter Arjen Robben auf dem rechten Flügel. Aber dieser Vergleich hinkt nicht nur, weil der Niederländer die Position gerne als Ausgangspunkt für seinen klassischen Robben-Move Richtung Strafraumeck nutzt. Der Rechtsaußen James war so viel unterwegs, dass Schalkes Trainer Domenico Tedesco ihn gar nicht mehr als Rechtsaußen identifizierte. Bis auf die Sechserposition, tief im Maschinenraum des Spiels, verfolgte er die Laufwege des Leichtfußes. Und auch beim Führungstreffer, einem Kopfball nach einer Ecke, überforderte die Vielseitigkeit der Nummer elf die Schalker: „Wir hatten ihn nicht bei den Top-5-Schützen auf dem Schirm.“
James’ Leistungskurve scheint der des Vorjahres zu ähneln, als er ebenfalls etwas Anlauf brauchte, dann aber umso überzeugender wirbelte. Sein bestes Spiel des Herbstes machte er übrigens am fünften Spieltag, eine Runde später als diesmal. Beim 3:0 auf Schalke. mb