Die Leichtathletik ist eine Sportart, in der Präzision gefragt ist. Es geht oft um Zentimeter und Hundertstel. Die feinen Unterschiede, die bisweilen über Sieg und Niederlage entscheiden, erfordern – das versteht sich von selbst – ein perfektes Messsystem. Kein Problem, möchte man meinen. Zumal in unseren digitalisierten Zeiten, die geprägt sind von den Wunderwerken aus den Hightech-Laboren. Doch in der Praxis sieht das – wie nun bei der EM in Berlin – bisweilen anders aus. Beim Weitsprung führten falsche Messergebnis zu chaotischen Zuständen. Eine mehr als peinliche Panne.
Als Hauptgeschädigter durfte sich ausgerechnet jener Sportler fühlen, der den bislang besten Wettkampf seiner Karriere lieferte. Fabian Heinle. Für den Schwaben leuchteten im vierten Versuch – zur allgemeinen Irritation – 7,77 m auf. Dabei konnte jeder Zuschauer mit bloßem Auge erkennen, dass er deutlich weiter geflogen war. Erst ein Protest brachte – mit inakzeptabler Verspätung – die tatsächliche Weite an den Tag: 8,02 m. Mit dieser zweitbesten Leistung nach seinen 8,13 m hätte er die Führung übernommen und – wie er erklärte – den fünften Versuch auslassen können, um ausgeruht mit aller Kraft in den finalen Durchgang zu gehen. Heinle, der spätere Silbergewinner, wurde dadurch nicht nur benachteiligt, sondern grundsätzlich verunsichert. Ähnlich erging es auch anderen Athleten.
Wie sich herausstellte, handelte es sich hier nicht um einen technischen Defekt, sondern um einen Bedienungsfehler. Um menschliches Versagen also. Es wurden die Schatten und nicht die Abdrücke im Sand gemessen. EM-Niveau stellt man sich anders vor. Allerdings sind derlei Fehlleistungen auch schon bei Olympia vorgekommen. In London 2012 gelang es Lilly Schwarzkopf, der Olympiazweiten im Siebenkampf, erst nach leidenschaftlichen Diskussionen, das Kampfgericht von einer irrtümlichen Disqualifikation abzubringen. Ebenfalls in London sah sich Hammerwerferin Betty Heidler aufgrund fehlerhafter Messung zunächst um Bronze gebracht. Der Wettkampf war schon vorüber, als ein Protest die Jury zur Korrektur veranlasste. Als Hilfsmittel kam dabei zum Einsatz, das auch den Berliner Offiziellen – für alle Zweifelsfälle – zu empfehlen wäre: Das gute alte Maßband.