Undiplomatisch und streitbar – aber eine Leitfigur mit Charisma

von Redaktion

Der frühere Bayern-Kapitän Stefan Effenberg ist nun ein Fünfziger und kann behaupten, sein Ziel trotz einiger Skandale erreicht zu haben

Von Elisabeth Schlammerl

München – Auffallen um jeden Preis, das war schon immer Stefan Effenbergs Maxime. Mal mit einer außergewöhnlichen Frisur, mal mit einer provozierenden Geste und vor allem mit pointierten Aussagen. Der ehemalige Fußball-Profi, der heute 50 Jahre wird, hatte sich früh ein ganz besonderes Ziel gesetzt. „Wenn ich einmal aufhöre, dann sollen die Leute etwas mit mir verbinden“, verkündete er 1990, als er gerade zum ersten Mal von Borussia Mönchengladbach zum FC Bayern gewechselt war. „Ich möchte nicht als Unbekannter abtreten.“

Das ist ihm gelungen – und nicht nur mit guten Leistungen auf dem Platz. Neben seinen drei Meisterschaften mit den Münchnern und dem Champions-League-Sieg 2001 ist es vor allem sein riesiges Ego, das für Furore sorgte und noch immer sorgt. Zuletzt hat er mit einer WM-Kolumne klar Stellung bezogen und Liverpools Torwart Loris Karius nach dessen „Bay-watch“-Videoclip auf die Schippe genommen.

Effenberg wollte noch nie verehrt werden, sondern „die Fans sollen Respekt haben“. Aber aber auch das fiel manchmal schwer – wegen seiner Stinkefinger-Affäre bei der WM 1994 zum Beispiel und privaten Eskapaden wie einer Autofahrt unter Alkoholeinfluss oder einer Ohrfeige für eine Diskobesucherin.

Aber Effenberg scheute als Profi auch nie die Verantwortung, zog manchmal bewusst Aufmerksamkeit auf sich, um der Mannschaft zu helfen. Mit einer Frisur im Raubtier-Look lenkte er in den Neunziger-Jahren von den sportlichen Schwierigkeiten seines Vereins Gladbach ab. Mit dem Tiger als Führungsfigur schaffte der Club schließlich noch den Klassenerhalt. Auch in seiner zweiten Bayern-Ära glänzte der streitbare Kapitän als charismatische Leitfigur und schoss dabei manchmal verbal über das Ziel hinaus. Legendär ist eine Pressekonferenz in München, auf der er die Journalisten als „Freunde der Sonne“ bezeichnete.

„Diplomatie“, gibt er zu, „war nicht gerade meine Stärke.“ Und ist sie immer noch nicht. Sein erster Auftritt als Trainer war wie ein Donnerhall. „Der eine ist The Special One, der andere The Normal One, I am The New One“, sagte er bei seiner Vorstellung als Coach des Zweitligisten SC Paderborn. Aber während der eine, Jose Mourinho, und der andere, Jürgen Klopp, seit Jahren erfolgreich als Trainer arbeiten, schaffte Effenberg auf seiner ersten und bislang einzigen Station nicht einmal eine komplette Saison, Nach fünf Monaten und ein paar Schlagzeilen später wurde er wieder entlassen. Seitdem kümmert sich der gebürtige Hamburger zusammen mit Geschäftspartnern um seine Beratungs- und Vermarktungsagentur.

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