Stürze, Tränen und Degenkolbs Triumph

von Redaktion

Der deutsche Radprofi gewinnt dramatische Tour-Etappe auf Kopfsteinpflaster-Terrain – Das Aus für Porte und Martin

VON ANDREAS Zellmer und Christophe Sicars

Roubaix – John Degenkolbs grandioser Sieg und dramatische Sturz-Serien haben das Roubaix-Spektakel am zweiten Tour-Wochenende geprägt. Im sechsten Jahr klappte es endlich mit dem ersten Tour-Etappensieg Degenkolbs, der den Frühjahrs-Klassiker Paris-Roubaix an gleicher Stelle vor drei Jahren gewonnen hatte. Mitfavorit Richie Porte musste gestern auf der neunten Etappe mit Verdacht auf Schlüsselbeinbruch aufgeben. Der schwer verletzte Tony Martin hatte zu diesem Zeitpunkt bereits seine Heimreise von der 105. Tour de France angetreten.

Direkt neben dem altehrwürdigen Velodrom siegte Degenkolb, der gestern mit Tränen in den Augen durchs Ziel fuhr, nach 156,6 km vor Greg Van Avermaet, dem Mann in Gelb, und dessen belgischen Landsmann Lampaert. „Es ist so schwer, das jetzt in Worte zu fassen. Ich habe eine unfassbar schwere Zeit hinter mir. Meine Familie stand immer hinter mir, und es ist das Beste, was es gibt, und das Schönste auf der Welt, dass ich ihr das jetzt zurückgeben kann“, sagte der völlig fertige und dreckverschmierte Sieger. Bei einem schweren Unfall im Januar 2016 war Degenkolb schwer verletzt worden, die Karriere des Trek-Segafredo-Profis hing am seidenen Faden.

Degenkolb gewann den Spurt des Trios, das sich auf der drittletzten Kopfsteinpflaster-Passage abgesetzt hatte, aus der ungünstigen Spitzenposition. Olympiasieger Van Avermaet konnte seinen Vorsprung an der Spitze des Gesamtklassements als Etappen-Zweiter ausbauen.

Viele Fahrer gingen beim Roubaix-Wahnsinn über 21,7 km Buckelpiste zu Boden. Von den Topfavoriten kamen der ebenfalls gestürzte viermalige Toursieger Chris Froome, Tom Dumoulin und Vincenzo Nibali trotzdem am besten mit den widrigen Umständen zurecht. Mitfavorit Romain Bardet verlor dagegen im Kampf um das Gelbe Trikot durch drei Defekte wertvollen Boden, genau wie der Spanier Mikel Landa durch einen Sturz.

Martin und Porte waren den Tränen nahe. Der Australier musste wie 2017 die Tour vorzeitig verlassen. Bei einem Massensturz 37 Kilometer vor dem ersten Sektor des gefürchteten Kopfsteinpflasters schied der große Herausforderer des viermaligen Toursiegers Froome aus. Zu diesem Zeitpunkt war der am Vortag vor Amiens gestürzte Martin mit einem Rückenwirbel-Bruch schon auf der Heimreise.

„Weiterzufahren wäre nicht zu verantworten gewesen. Die Entscheidung fiel mir sehr schwer, die Roubaix-Etappe war eigentlich mein Tour-Highlight“, sagte Martin. „Ich bin mit großer Geschwindigkeit auf Kopf und Rücken gefallen – mehr oder weniger ungebremst. Jetzt habe ich erstmal vier Wochen Fahrverbot.“

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