Runter vom Ross!

von Redaktion

Diese Wesensart können wir Deutschen nicht leugnen: Wir sind ein „Muss-weg-Land“. Merkel muss weg, das hört man nun vermehrt. Löw muss weg, auch dieser Ruf ist zu vernehmen. Sehr laut.

Darüber kann und muss man reden. Nur ist noch nichts erreicht, wenn jemand weg ist. Weil ja letztlich wichtiger wäre: Wer kommt? Und wie stellt er’s an? Kann er das verändern, was den Vorgänger letztlich blockierte?

Zu Löw ist zu sagen, dass man sich auf angenehme Art an ihn gewöhnt hat. Die Zeiten im Fußball sind bessere geworden unter ihm, die Deutschen rumpeln nicht mehr, ihr Spiel hat ihnen Sympathien eingebracht. Es ist auch nicht so, dass der Bundestrainer sich seit langem verschlissen hätte. Im Gegenteil: Er hat sich entwickelt, er ist besser geworden. 2014, das war schon im Wesentlichen sein Titel. Es hat sich jetzt in Russland gezeigt, wie schwer es ist, die Balance in einer 23-köpfigen Gruppe mit starken Egos hinzubekommen. So gesehen war Brasilien 2014 ein Meisterwerk. Es wäre normal gewesen, hätte Löw im Triumph aufgehört. Es war bemerkenswert, dass er die Energie fand, weiterzumachen. Wahrscheinlich war es auch vermessen, sich ein Denkmal von der Größe der Lenin-Statuen früher in der Sowjetunion schaffen zu wollen. Der Titelverteidiger-Trainer.

Doch Helmut Kohl, der Kanzler der Einheit, war irgendwann auch zu lange da. Und es deutet bei Löw auch einiges darauf hin, dass dieser Punkt erreicht sein könnte.

Er hielt sich für unanfechtbar, und im Nachhinein war der Außenseitererfolg beim Confederations Cup genau das, was nicht hätte passieren dürfen. Der Sieg mit einer B- bis C-Gruppe muss Löw ultimativ in den Glauben versetzt haben, er mache alles richtig. Bestätigung fand nun jede Maßnahme, die mal strittig gewesen war.

Und vieles rund um Löw und den DFB ist diskutabel. Der Bundestrainer ist so mächtig geworden, dass er den Verband nach seinen Vorstellungen geformt hat. Die Trainer im U-Bereich – Löws Buddies. Die Assistenztrainer beim A-Team, Thomas Schneider und Marcus Sorg: Abnicker, die im Profifußball gescheitert sind und dort keinen Job mehr finden würden. DFB-Sportdirektor war mal Matthias Sammer – einer, den Löw nicht mochte. Spätestens 2014 war Löw, als er seinen Kompagnon Hansi Flick installieren konnte (der aber aufgegeben hat), am Ziel: Der DFB war sein Verband.

Joachim Löw ist nach wie vor ein zeitgemäßer Trainer, und wenn man über mögliche Nachfolger nachdenkt, fällt einem keine Lösung ein, die auch realisierbar wäre. Aber Löw muss weg von seiner stillen Selbstherrlichkeit, die er sich angewöhnt hat, muss sich beraten lassen. Runter vom Ross!

Ansonsten hat zu gelten: Löw muss weg. günter klein

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