WM-Gespräch Mit . . . Thomas Dressen

„Ohne Deutschland ist mir die WM ziemlich wurscht“

von Redaktion

-Thomas Dreßen, waren Sie auch geschockt nach dem WM-Aus der deutschen Nationalmannschaft?

Was heißt geschockt … Während des Spiels hatte ich nicht den Eindruck, als könnten sie es noch schaffen. Ich habe es zwar gehofft und die Daumen gedrückt und mitgefiebert, aber ein gutes Gefühl hatte ich nie.

-Wo und mit wem haben Sie die Blamage gegen Südkorea angeschaut?

Daheim in Scharnstein (Öberösterreich/d.Red.) mit Freunden. Für die Spezln war es nicht so tragisch – die sind ja Österreicher. Ich habe schon während der zweiten Halbzeit gesagt: Wenn die Mannschaft nicht bald den Schalter umlegt, wird das nichts mehr.

-Haben Ihre österreichischen Freunde nicht die höchste Gaudi, wenn Deutschland rausfliegt?

Aber nicht bei meiner Freundin daheim! Die wissen schon, dass sie für Deutschland sein müssen, wenn sie mit mir schauen wollen.

-Gab es im Land des Nicht-WM-Teilnehmers Österreich überhaupt sowas wie WM-Stimmung?

Bei uns schon. Letzte Woche waren wir mit dem Abfahrtsteam im Burgenland beim Konditionskurs, da haben wir auch bei jedem Spiel mitgefiebert. Da war schon Stimmung!. Jetzt nach dem Aus lässt das Interesse natürlich nach. Das ist auch gut so, dann hat man wieder Zeit für andere Dinge – da freut sich die Freundin (lacht), wenn man nicht mehr jedes Spiel anschauen muss.

-Mit der Nationalmannschaft ging es ja schneller bergab als bei Ihnen auf der Streif . . .

(lacht) Bei mir ist es ja positiv schnell bergab gegangen, bei der Nationalmannschaft eher im Gegenteil. Es ist sicher nicht einfach, als Weltmeister wieder zu einer WM zu fahren und die Spannung hoch zu halten. Aber jetzt im Nachhinein kann man immer g‘scheit reden, da tut man sich immer leicht zu kritisieren. Ich war ja nicht dabei.

-Haben Sie Ihrem Freund Thomas Müller vom FC Bayern schon eine Trost-Nachricht geschickt?

Nein, die wollen sicher erst mal ihre Ruhe haben. Vor der Weltmeisterschaft habe ich ihm mal geschrieben und alles Gute gewünscht – das hat ja leider nichts gebracht (lacht).

-Gruppenletzter in der Vorrunde – ist das ungefähr so, als wären beim Skifahren bei der WM-Abfahrt alle Deutschen am Tor vorbei gefahren . . . ?

Skifahren ist ein Einzelsport, da hat jeder seine eigenen Ziele. Ich glaube auch, dass es den Nationalspielern im Moment relativ wurscht ist, ob sie Dritter oder Letzter in ihrer Gruppe geworden sind – ausgeschieden ist ausgeschieden. Ob ich beim Skifahren Letzter oder Vorletzter werde, ist auch sch…egal.

-Wie geht man als Profisportler mit solchen Niederlagen um?

Ärgern, finde ich, gehört dazu. Aber dann muss man den Fokus schnell nach vorne richten. Für die Spieler geht ja bald wieder die Vorbereitung auf die nächste Saison im Verein los. Das nächste Spiel, oder bei uns Rennen, kommt so oder so. Da fragen die Verantwortlichen nicht, ob du schon bereit dazu bist. Am gescheitesten ist, den Fehler zu analysieren, den Fehler einzugestehen und daran zu arbeiten. Dann Kopf nach vorne – und weiterarbeiten.

-Den Fokus gleich wieder nach vorne richten – soll Bundestrainer Jogi Löw bleiben oder muss eine Zäsur her?

Ich glaube, dass er bisher einen super Job gemacht hat – und dass er bleiben sollte. Aber das ist seine Entscheidung.

-Welches Team hat Ihrer Meinung nach bisher den besten Eindruck bei dieser WM hinterlassen?

Ich bin da patriotisch: Wenn Deutschland rausgeflogen ist, dann ist es mir ziemlich wurscht. Als Sportler sage ich: Gewinnen soll, wer es am meisten verdient hat. Ich habe auch a bisserl mit der WM abgeschlossen, weil Deutschland raus ist.

Das Gespräch führte Jörg Köhle

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