Wirbel um politischen Torjubel

von Redaktion

Die Schweizer Xhaka und Shaqiri provozieren mit Doppeladler serbische Fans – Eklat um Münchner Schiri Brych

VON PEER LASSE KORFF

Kaliningrad – Als Xherdan Shaqiri genervt aus der Arena Baltika von Kaliningrad abdampfte, hatte das Schweizer „Adlergate“ längst die politische Ebene erreicht. Der provokative Jubel des Matchwinners und seines kongenialen Spielpartners Granit Xhaka erhitzte nach dem 2:1 (0:1)-Sieg die Gemüter. In der Alpenrepublik ging es nach der Doppeladler-Geste in dem brisanten Match hoch her. Emotional aufgeheizt waren aber auch die Serben – wegen Schiedsrichter Felix Brych (München). „Wir wurden bestohlen“, sagte Trainer Mladen Krstajic. Überdies verstieg sich der ehemalige Schalker und Bremer zu dem an die Adresse von Brych gerichteten Satz: „Ich würde ihn nach Den Haag schicken. Damit sie ihm den Prozess machen, wie sie ihn uns gemacht haben.“ Den Haag in den Niederlanden ist der Sitz des UN-Kriegsverbrechertribunals. Krstajic drohen nun Konsequenzen von der FIFA-Disziplinarkommission. Der Weltverband leitete am Samstagabend eine Voruntersuchung ein – ebenso gegen Shaqiri und Xhaka wegen ihres politischen Torjubels.

Serbien sah in einem vermeintlichen Foul an Aleksandar Mitrovic (66.), der seine Elf in Führung gebracht hatte (5.), einen Anlass für einen Elfmeterpfiff von Brych. Doch der blieb aus, und auch die Video-Assistenten Felix Zwayer und Bastian Dankert griffen nicht ein. Die Serben legten bei der FIFA „in Zusammenhang“ mit dem Spiel sogar Protest ein.

Die Schweizer haben derweil ihren eigenen Aufreger: Etliche Politiker unterschiedlicher Parteien werteten das Verhalten der früheren Bundesliga-Spieler auf der Weltbühne als „unnötig“ oder „Dummheit“ – die Schweizer Stars rechtfertigten sich mit ihren „großen Emotionen“ in einem „besonderen Spiel“. Die hervorragenden Aussichten der Eidgenossen auf den Achtelfinal-Einzug rückten zeitweise in den Hintergrund.

Auch in den Medien handelten sich die Hauptprotagonisten eines umkämpften WM-Duells viel Kritik ein. „Xhaka und Shaqiri fehlt die politische Sensibilität“, schrieb die „Neue Zürcher Zeitung“. „Xhaka und Shaqiri sind geniale Dummköpfe“, titelte das Boulevardblatt „Blick“. Die Profis mit kosovo-albanischen Wurzeln hatten Xhakas Ausgleich (52.) und den späten Siegtreffer von Shaqiri (90.) gefeiert, indem sie das albanische Wappentier mit ihren Händen nachahmten – ein Affront gegen die serbischen Fans.

Die Beziehungen im Balkangebiet sind noch immer angespannt. Das weiß auch Shaqiri, der am Ende eines Interviewmarathons mit der Trophäe des besten Spielers entnervt abzog. „Ich habe jetzt schon mehrfach gesagt, dass ich nicht darüber sprechen will“, herrschte er einen Journalisten an, es gehe nicht um Politik, sondern um Fußball. Verständnis zeigte der Schweizer Kapitän Stephan Lichtsteiner: „Wir mussten uns im Vorfeld vom serbischen Außenminister Dinge anhören wie: Gegen wen spielen wir eigentlich? Gegen den Kosovo? Gegen Albanien? Oder gegen die Schweiz?“ Für die Schweiz spielen insgesamt vier Akteure mit entsprechendem Migrationshintergrund.

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