Streitlustiger Theologe

von Redaktion

DFB-Personal provoziert Tumulte nach Spielende und entschuldigt sich später – FIFA ermittelt

Sotschi – Dass der Schlusspfiff ein Spiel noch nicht beendet, kommt im Fußball bisweilen vor. Seinen Platz in der deutschen Geschichte hat das Viertelfinale der Heim-WM 2006 gegen Argentinien, bei dem es statt des Sportgrußes zu einer 1a-Rudelbildung kam, in der sogar der smarte Manager Oliver Bierhoff körperliche Entschlossenheit zeigte, eine Hand von Torsten Frings, leicht geballt, über eine Gaucho-Wange wischte (dafür Sperre fürs Halbfinale) und der knorrige Pressesprecher Harald Stenger alles versuchte, die Menge zu entknäueln (Journalisten haben daraufhin für ihn ein T-Shirt mit dem Foto der Szene anfertigen lassen). Aber gut: Europäer, Südamerikaner – unterschiedliche Kulturkreise.

Umso verwunderlicher, dass sich nun Deutsche und Schweden, auf vielen Ebenen befreundet, tumultbereit gegenüber traten. Die Schweden waren genervt, weil sie der Ansicht waren, sie hätten bereits für Boatengs resolutes Einsteigen gegen Marcus Berg in der ersten Halbzeit einen Elfmeter bekommen müssen. Was wiederum die deutsche Seite störte, war das fordernde Auftreten des Sverige-Coaches Janne Andersson nach einer Karte für Boateng in der Schlussphase (dem Ansinnen gab der Schiedsrichter nach). Außerdem wurde das Zeitspiel der Schweden als nervig und unsportlich empfunden.

Jedenfalls: Das Ende, Tor zum 2:1, gefiel DFB-Leuten so sehr, dass sie zum Schlusspfiff vor der schwedischen Bank vorstellig wurden. Hauptaggressor: Uli Voigt, der für den Kontakt zu den elektronischen Medien zuständige Pressesprecher, mit eindeutiger Geste des Hohns. Dazu griff auch noch Georg Behlau ein, Leiter des Büros Nationalmannschaft – mit dem Befeuerungsarm. Als grimmige Schweden sich erhoben, begaben sich die beiden Deutschen auf den Rückzug, Behlau, Absolvent des Studiengangs katholische Theologie, ging, nachdem ihn eine schwedische Doppelhand an der Brust getroffen hatte, erst einmal schnell ein paar Meter rückwärts, mühsam die Balance wahrend. Ordnungspersonal warf sich dazwischen.

Janne Andersson, der sich selbst vor Bierhoff aufgebaut hatte, kritisierte das Verhalten der Deutschen als respektlos, Joachim Löw gab sich unschuldig: „Ich war mit anderen Dingen beschäftigt, bin meinen Co-Trainern um den Hals gefallen.“

Alsbald tauchten auf einem schwedischen Internetportal Mitschnitte auf, die die DFB-Männer Voigt und Behlau nicht gut aussehen ließen. Die FIFA hat gestern prompt Ermittlungen eingeleitet.

Um 1.06 Uhr in der Nacht, kurz bevor der DFB-Flieger Sotschi verließ, wurde vom Nationalmannschafts-Account folgender Twitter-Beitrag abgesetzt: „Es war ein emotionales Spiel. Am Ende war die eine oder andere Reaktion oder Geste unseres Betreuerstabes in Richtung der schwedischen Bank zu emotional. Das entspricht nicht unserer Art. Dafür haben wir uns beim schwedischen Trainer & seinem Team entschuldigt. Ursäkta!“ Gut, dass Twitter von 140 auf 280 Zeichen erweitert hat.  gük

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