Etwas ist anders bei dieser WM 2018 als bei allen vorangegangenen. Die überwältigende Mehrheit der Menschen in einem Stadion (und davor) hat nun ein Bild von sich um den Hals hängen.
Bisher war das das Privileg derjenigen, die bei der WM eine Funktion hatten. Spieler (die auf dem Feld ihre Akkreditierung natürlich abnehmen dürfen), Trainer (die sie in ihrer Schusseligkeit nicht in der Kabine ablegen, sondern um den Hals wirbeln haben, wenn sie gestenreich coachen), Journalisten, Sicherheitspersonal, Getränkeverkäufer. Jetzt sind dazugekommen: die Zuschauer. Zehntausende bei jedem Spiel. Auch sie müssen sich ausweisen: als Fan.
Ihr Ausweis ist kleiner als eine Profi-Akkreditierung. Bunter, freundlicher, harmloser, ohne Nummern, die anzeigen, was man tun darf. Mit dem Ausweis der Fans darf man nämlich: gar nichts Besonderes. Ins Stadion gehen halt, wenn man auch über ein Ticket verfügt.
Wer seine Fan-ID nicht schon im Heimatland beantragt hat, muss das an den WM-Spielorten in einem Fan-ID-Center tun. Diese Center sind richtige Großbehörden.Es geht dort wahrhaft amtlich zu. Wir haben die Szenerie beobachtet, als am Sonntag zahlreiche Mexikaner ihre IDs machen ließen: Zwei Drittel waren mit Sombrero zum Stadion gekommen, sie mussten ihn fürs Foto abnehmen. Doch ist ein Passfoto von einem Mexikaner ohne ausladende Kopfbedeckung glaubhaft, könnte man die Frau oder den Mann wiedererkennen? Nein.
Hintergrund der Fan-ID-Einführung ist natürlich, dass der Veranstalter wissen will, wer ins Stadion geht. Eine bestimmte Klientel bleibt dann schon mal weg, weil sie sich nicht fotografieren lässt. Ein Hooligan, der was auf sich hält, lässt sich keine ID umhängen, nicht mal zur Tarnung. Er schafft sie sich auf andere Art.
Vorteil der Fan-ID: Kann ja sein, dass sich ein WM-Besucher in einen anderen verguckt. In dem Fall muss er nur einen geschickt-unauffälligen Blick auf den umgehängten Ausweis werfen, sich den Namen merken – über Facebook vollendet er später die Annäherung. Keinem entgeht mehr die Liebe seines Lebens. Die FIFA wird uns sicher auf dem Laufenden halten über die ersten Fan-ID-Paare und die erste Hochzeit in einem der prachtvollen Fan-ID-Center. Günter Klein