Scheidet die deutsche Nationalmannschaft in der WM-Vorrunde aus? Kann passieren, das haben drei der vergangenen vier Weltmeister auch schon erlebt, und zumindest zwei von ihnen (Frankreich 2002, Spanien 2014) wähnten sich auf der Höhe ihres Schaffens. Wahrscheinlich ist aber, dass es den Deutschen nicht widerfahren wird, Sie haben den unangenehmsten Gruppengegner hinter sich, und sie haben alles in der Hand. Im Kader steckt viel Know-how und stehen Top-Profis, für die der Umgang mit einer solchen Drucksituation bei Weitem nicht so belastend ist, wie man sich das als Normalbürger so vorstellt.
Oft hat sich in Turnieren auch schon gezeigt, dass sich eine plötzliche Dynamik entwickeln kann. In beide Richtungen. Vorrunden-Dominatoren wurden im Achtelfinale zerlegt, Durchwurstler standen auf einmal im Finale. Oder die deutsche Kette von 2014: Gemurkse gegen Algerien, Solidität gegen Frankreich, Rausch gegen Brasilien. Auch das Turnier in Russland kann noch vieles bieten.
Und doch ist etwas anders – und das müsste einige Leute, die im Deutschen Fußball-Bund in der Verantwortung stehen, nachdenklich stimmen: Wenn ihre Mannschaft frühzeitig ausscheiden sollte, dann nicht unter tränenreicher Anteilnahme des Volks in der Heimat. Man würde den WM-Exit eher mit Schadenfreude zur Kenntnis nehmen. Und mit Schlagseite zur Wut.
Es hat schleichend eine Entfremdung stattgefunden zwischen Elite und Basis, das hat sich schon an den nachlassenden Zuschauerzahlen bei Länderspielen gezeigt. Die Selbstinszenierung der Nationalmannschaft ist für viele, die ja eigentlich ihre Sympathisanten sind, kaum noch zu ertragen: Fünfter-Stern-Gedöns, „Die Mannschaft“-Markengetue, Best Never Rest und #zsmmn, ein zweiwöchiges Trainingslager, bei dem man nicht ein einziges Mal die Türen für die Urlauber vor Ort öffnet. Dann die Unfähigkeit und der Unwille, sich im Fall Özil/Gündogan einmal richtig zu erklären – aber für sich neunmalklug zu reklamieren, man wisse schon um die perfekte Strategie. Pressekonferenzen ohne Nachfragemöglichkeit (Kader-Bekanntgabe) oder gar keine mehr am Tag nach einer niederschmetternden Niederlage, auf die hin die Leute in Deutschland doch gerne eine Botschaft erhalten hätten. Es ist nicht nur die Mannschaft, die kriselt, es ist der gesamte Deutsche Fußball-Bund.