München – Wie so ein Erfolg aussehen kann, das bekommt Marko Pesic jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit vorgeführt. In den Katakomben des Audi Dome hängt ein Foto der bislang letzten Münchner Meistermannschaft. 2014 war das, als Kapitän Steffen Hamann in – schöner Zufall – Berlin die Trophäe Richtung Hallendach stemmte. Für Pesic ein fast unwirklicher Anblick: „Ich denke mir jedesmal: Wie konnten wir mit dieser Mannschaft Meister werden?“
Das war natürlich scherzhaft gemeint. Dem Ensemble um den heutigen NBA-Profi Malcolm Delaney würde der Basketball-Chef des FC Bayern die meisterlichen Qualitäten nie absprechen. Vergleiche zwischen damals und heute will Pesic trotzdem keine anstellen. Vermutlich auch deshalb, weil die Mannschaft von heute noch kein Meisterteam ist. Man hat sich mit dem heiß erkämpften 72:66 am Sonntag in eine verheißungsvolle Position gebracht. Am Mittwoch in Berlin oder spätestens am Samstag in einem möglichen fünften Duell in eigener Halle könnten die Bayern die Finalserie für sich entscheiden.
Doch die vergangenen Wochen haben halt auch gezeigt, wie schnell sich die Geschicke in den Playoffs wenden können. Vor allem die Leiden des Viertelfinals gegen Frankfurt haben die Bayern nicht vergessen. Den verlorenen Finalauftakt gegen Alba Berlin sowieso. Aber genau in diesen Zeiten hat Pesic eine Qualität entdeckt, die er bei seinem Personal schon verloren glaubte.
„Die Spieler gehen auch mal dorthin, wo es weh tut“, sagte er. So wie Reggie Redding eben, der am Sonntag in einer Szene dem alleine auf den Korb zueilenden Berliner Peyton Siva hinterher wetzte und ihn letztlich zu einem Fehler zwang. „Vor drei Monaten wäre er wahrscheinlich nicht mehr gerannt – aber in den Playoffs musst du das tun“, sagte Pesic. Schönen Gruß an Ex-Coach Sasa Djordjevic, dem die Bayern-Macher nicht zuletzt auch vorwarfen, er habe die Profis in eine Komfortzone manövriert.
Die zurückgewonnene Spannung gilt es nun hoch zuhalten. Weshalb die Verantwortlichen bis zum vierten Duell am Mittwochabend nun auch vor allem darauf schauen wollen, dass schädliche Einflüsse von den Spielern fernbleiben. Alle noch verfügbare Kraft und Konzentration auf diesen einen Schritt, der zum großen Glück noch fehlt.
Man wird es brauchen, gegen einen Gegner, der auch am Sonntag die Qualitäten eines Stehaufmännchens bewies, als er im Schlussviertel die zwischenzeitlichen 20 Punkte Rückstand fast noch einmal wettgemacht hätte. Was auch der Punkt war, der Alba-Trainer Aito Garcia Reneses ein bisschen zuversichtlicher stimmte. „Ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass wir unser Benzin im ersten Spiel gelassen haben. Aber wir haben Teamgeist bewiesen und gekämpft“, sagte er, „wenn wir das von Beginn an zeigen, dann können wir es am Mittwoch schaffen. Ich würde gerne noch einmal nach München zurückkommen.“
Bayern-Präsident Uli Hoeneß hat da natürlich andere Vorstellungen. Der Clubchef („In den nächsten Tagen werde ich sicher ein bisschen unruhiger schlafen“) hat für die Meisterschaftsentscheidung eigens seinen Urlaub verschoben. Erinnerungen an die letzte Meisterschaft 2014 will allerdings auch er sich lieber ersparen: „Sie wissen ja, wo ich da war“, sagte er. Vor den Finals hatte Hoeneß seinerzeit seine Haftstrafe angetreten.