Galle in Grosny

von Redaktion

Ägyptens Star Salah lässt sich vom autoritären Tschetschenen-Chef Kadyrow ausnutzen

Grosny – Nicht nur der DFB muss sich unmittelbar vor der WM in Russland mit delikaten politischen Debatten befassen. Nachdem Mesut Ozil und Ilkay Gündogan mit ihren Fotos  mit dem türkischen Premierminister Recep Tayyip Erdogan in Deutschland für einigen Wirbel gesorgt haben, hat sich nun Ägyptens Top-Star Mohamed Salah vom FC Liverpool aufs Glatteis begeben. Der autoritäre tschetschenische Republikchef Ramsan Kadyrow nutzte die Ankunft des ägyptischen Nationalteams im WM-Quartier in Grosny gleich zu Fotos mit dem Stürmer. Der wegen seiner Gewaltherrschaft berüchtigte Kadyrow fuhr mit Salah publikumswirksam im Auto zum Auftakttraining ins Stadion von Grosny, wie er hinterher im russischen sozialen Netzwerk „VKontakte“ anschaulich berichtete.

„Das Stadion brach in begeisterte Schreie aus, als der ägyptische und Liverpooler Stürmer Mohamed Salah und ich erschienen“, schrieb Kadyrow. Salah und die ägyptische Mannschaftsführung seien dankbar für den Empfang und die Gastfreundschaft in Tschetschenien. Kadyrow beschloss seinen Post mit einem Angriff auf Länder, die Russland die WM angeblich nicht gönnten. „Die Feinde Russlands haben viel Galle verspritzt, weil sie uns auf dem Weg zur Meisterschaft ein Bein stellen wollten. Aber Präsident Wladimir Putin und seine Mannschaft haben bewiesen, dass es keine Aufgabe gibt, die für unsere große Heimat Russland zu schwer wäre“, so der Republikchef.

Die Unterbringung der Ägypter in Grosny ist viel kritisiert worden, weil Tschetschenien im Nordkaukasus eines der russischen Gebiete mit den schwersten Verstößen gegen Menschen- und Bürgerrechte ist. Seit Sonntag residieren Salah und Kollegen in Tschetschenien.

Kadyrow war schon immer sehr gewieft, sich mit Stars aus dem Sport zu schmücken. Vor ein paar Jahren lockte er internationale Legenden aus aller Welt in seine Stadt, unter ihnen Lothar Matthäus sowie die Brasilianer Romario oder Dunga. Sie kickten bei der Einweihung eines Stadions, Kadyrow selbst lief dabei auf, das hält er oft so bei solchen Gelegenheiten. Später berichteten Medien in Brasilien über üppige Gagen, was die Stars in Erklärungsnot brachte. Kadyrow hatte behauptet, die Spieler seien aus Liebe zum tschetschenischen Volk angetreten. „Wir haben ein Stadion eingeweiht, Punkt, aus“, versuchte Brasiliens langjähriger Kapitän Cafu eine lahme Rechtfertigung, „wo liegt das Problem, wenn der Kerl, der im Land das Sagen hat, mit uns spielt?“

Kadyrow ließ sich auch schon mit Ronaldinho ablichten, Ruud Gullit konnte er einst sogar als Trainer von Terek Grosny holen. mm/dpa

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