München – Zu Beginn der zweiten Halbzeit ist auch Patrick Groetzki einmal ziemlich alleine auf das norwegische Tor zugeflogen. Doch der nach oben zuckende Fuß des demnächst in Flensburg aktiven Schlussmanns Torbjoern Bergerud verwehrte auch seinem Wurfversuch den Weg ins Tor. „Wir haben leider ein bisschen was liegen gelassen“, sagte Groetzki später, im Bauch der Olympiahalle, schulterzuckend.
Man ahnte: Der ganz große Frust über das 25:30 der deutschen Handballer gegen Norwegen wollte beim Mannheimer Rechtsaußen nicht aufkommen. Nicht zu diesem Zeitpunkt. Nicht mit müden Gliedern, nur drei Tage nach dem Ende einer strapaziösen Spielzeit. „Ich bin gerne hier“, sagte der 28-Jährige, „aber wenn ich ehrlich bin, dann hätte ich auch nichts gegen Urlaub gehabt.“
Erst Recht nach dem speziellen Dreh, den die Saison für ihn und seine Rhein-Neckar Löwen genommen hatte. Noch vor wenigen Wochen sahen die Badener wie der strahlende Double-Sieger aus. Doch auf der Zielgeraden ließ der Champion der beiden letzten Jahre den schon so sicher geglaubten dritten Coup liegen. Da war es auch erst einmal nebensächlich, dass die Löwen nach zehn vergeblichen Top4-Anläufen erstmals den Pokal holten. „Am Ende hat natürlich die Enttäuschung überwogen“, sagte Groetzki.
Immerhin: Die größte Trauer ist bei dem Mann, der nach elf Jahren in Mannheim so etwas wie das Gesicht des Clubs geworden ist, inzwischen ein wenig geschwunden. Auch wenn im Meisterschafts-Finale angesichts des 22:21-Zittersiegs des neuen Titelträgers aus Flensburg gegen FrischAuf Göppingen noch einmal ein Hauch von Hoffnung aufgekommen war. „Wir haben uns ja schon irgendwo drauf einstellen können, dass es nichts wird“, sagte Groetzki, „wir haben es in den letzten Wochen selbst vermasselt, von dem her muss man sich nicht ärgern.“
Aber irgendwie tut in dieser Situation der Saison-Ausklang im Kreis der Nationalspieler um Kapitän und Groetzki-Kumpel Uwe Gensheimer ja nun auch ganz gut. Gestern hob der DHB-Tross vom Münchner Flughafen nach Japan ab. Dem Trip nach Fernost fieberte auch Groetzki entgegen. „Ich war noch nie dort“, sagte er, „ich freue mich, das Land kennenzulernen.“ Nicht zuletzt auch Tokio, die nächste Olympiastadt. Auch wenn er in der Hinsicht noch abwiegelt: „Noch sind wir nicht qualifiziert“.
Wobei der Trip nach Japan übrigens durchaus auch seine ungemütlichen Seiten haben dürfte. Bundestrainer Christian Prokop will neben allem Teambuilding auch an den taktischen Defiziten, die er beim Test gegen Norwegen ausmachte. „Das ist schon die Wahrheit momentan, die da auf der Anzeigetafel steht“, murrte er, ehe er die Olympiahalle verließ.
Zum sportlichen Programm gehören unter anderem ja auch zwei Länderspiele gegen WM-Teilnehmer und Olympia-Gastgeber Japan. Nicht zuletzt dabei kommt es für die Nationalspieler auch zum Wiedersehen mit Ex-Bundestrainer Dagur Sigurdsson. Mit dem Isländer hatte es nicht zuletzt auch Groetzki zu Olympia-Bronze in Rio de Janeiro gebracht. „Es es ist natürlich sehr schön, ihn wiederzusehen“, sagte er. Und positive Erfahrungen können Profis wie er gerade bestens brauchen.