„Bayerns Trainerprofil passt zu mir“

von Redaktion

Goretzka hat sich mit privatem Fitnesscoach auf die WM vorbereitet – und er sprach mit Niko Kovac

Leon Goretzka ist 23, er fährt zu seiner ersten WM. Beim Confederations Cup vor einem Jahr war er einer der besten Spieler des Turniers. Weil sein Vertrag beim FC Schalke 04 auslief, wurde er zu einem der europaweit begehrtesten Spieler. Ab 1. Juli wird er zum FC Bayern gehören.

-Leon, wie haben Sie das Trainingslager erlebt?

Sehr positiv. Wir haben gut gearbeitet, die Belastung steigern können. Doch es liegt noch Arbeit vor uns bis zur WM.

-Sie wurden hie und da auch als Streichkandidat genannt.

Ich war mir schon ziemlich sicher. Man entwickelt ein Gefühl dafür. Das soll nicht arrogant klingen – aber ich habe mir keine großen Sorgen gemacht.

-Was dachten Sie, als Sie von der Nichtnominierung Ihres früheren Schalker Kollegen Leroy Sané hörten?

Es war auf jeden Fall eine Überraschung. Leroy hat eine außergewöhnlich gute Saison gespielt, mit der er sich die WM-Teilnahme verdient hat, und natürlich Qualitäten, die einmalig sind. Ich kann ihm nur wünschen, dass er das gut verarbeitet. Gerechnet habe ich also nicht damit, dass es ihn trifft, doch bei unserem Kader ist, was man als Überraschung wahrnimmt, letztlich keine Überraschung mehr, weil es zwangsläufig gute Spieler treffen muss.

-Muss die zweite Reihe, zu der Sie auch gehören, noch die berühmte Schippe drauflegen? Die letzten Spiele waren nicht die große Empfehlung.

Das müssen wir grundsätzlich alle – da sollte man uns nicht unterteilen in erste und zweite Garde. Das hat man im Spiel gegen Österreich gesehen, dass wir noch nicht in der Form sind, in der wir sein müssten. Doch es war in der Vergangenheit schon so, dass man vor dem Turnier noch geerdet wird. Es wird gewiss Videomaterial auftauchen, das aufzeigt, wo unsere Baustellen sind.

-Hätten Sie vor einem Jahr gedacht, dass der Confederations-Cup-Kader eine so große Fraktion im WM-Aufgebot stellen würde?

Für mich persönlich hatte ich damals das Gefühl, dass es ein großer Schritt Richtung WM sein kann, wenn man sich da dem Trainer mit guten Listungen zeiget. So bin ich dieses Turnier angegangen. Dass es durch den Sieg so viele in den WM-Kader geschafft haben, bestätigt mich.

-Die Start-Elf wird aber wohl noch von den Weltmeistern von 2014 dominiert werden. Was fehlt den Nachrückern noch?

Die Weltmeister haben außergewöhnliche Qualität und einen wesentlichen Faktor: die Erfahrung. WM gewonnen, viele Turniere gespielt, Champions-League-Finale mit dem Verein bestritten. Das ist einfach etwas, das man nur über die Zeit bekommen kann. Andererseits glaube ich, dass dem Trainer auch daran gelegen ist, eine Mischung zu finden mit jüngeren Spielern, die frisches Blut reinbringen. Zu denen rechne ich die Spieler vom Confederations Cup – einschließlich mir.

-Sie sind einer flexibelsten Spieler im Kader. Segen oder doch Fluch?

Ich glaube, ich habe zwei, drei Positionen in unserem System, und das ist für sich ja schon flexibel. Wenn wir gegen einen tief stehenden Gegner spielen, haben wir nur ein, zwei Leute hinterm Ball, der Rest ist vorne frei und variabel. Achter ist die Position, auf der ich am stärksten bin. Ich sehe mich aber vor allem in der Verantwortung, einen Top-Fitnesszustand zu erreichen und da zu sein, wenn die Mannschaft mich braucht. Das ist mein Plan. Klingt wie eine Floskel, ist auch eine Floskel, aber kommt ja von irgendwoher: Der Erfolg der Mannschaft steht über allem. Wenn ich dafür rechtes Mittelfeld spielen muss, mache ich das. Ich glaube auch nicht, dass ich eine Position schlechter spiele, weil ich noch eine andere spielen kann.

-Wie fühlen Sie sich körperlich?

Ich hatte in der Saison eine längere Pause, die war zu einem Tat unglücklichen Zeitpunkt, gepaart mit der Bekanntgabe meines Wechsels nach München. Im Nachhinein habe ich mich davon treiben lassen und zu früh wieder angefangen, doch letztlich über die Spiele die Fitness wieder geholt, für die ich sonst eine längere Aufbauphase gebraucht hätte. Ich habe nach der Saison die eineinhalb Wochen freie Zeit genutzt, um mich vorzubereiten. Zweimal am Tag war ich mit einem privaten Trainer beschäftigt.

-Ein Konditionstrainer?

Kondition habe ich.

-Okay, ein Fitnesstrainer?

Ja, Schnelligkeit ist ein Thema gewesen, Stabilität, Verletzungsprävention.

-Haben die Bayern-Spieler Sie als einen der ihren bereits willkommen geheißen? Oder sind sie für die noch der Schalker?

Es hat niemand gesagt: „Ich heiße dich als einen der unseren willkommen“, und juristisch sind es noch ein paar Stunden, bis der Wechsel vollzogen ist. Als ich mich mit dem Wechsel beschäftigt habe, habe ich intensiv und lange darüber nachgedacht und bin im Endeffekt zu einer klaren Entscheidung gekommen. Aktuell möchte ich das Thema zur Seite schieben und mich auf die Nationalmannschaft konzentrieren. Sachen wie die Wohnungssuche in München habe ich zum Glück schon erledigen können.

-Ihr künftiger Trainer ist Niko Kovac. Hatten Sie Kontakt mit ihm?

Nach der Bekanntgabe des Wechsels haben wir mit Schalke noch zweimal gegen Frankfurt gespielt, da hat man sich zwischen Tür und Angel unterhalten. Es war noch kein intensives Gespräch.

-Ihre Erwartungen?

Er ist ein Trainer, der daran interessiert ist, junge Spieler wie mich weiterzuentwickeln. Das ist mir unheimlich wichtig. Das war auch mein Augenmerk in den Gesprächen mit Bayern, und dieses Trainerprofil wurde mir klar genannt.

Das Interview führte Günter Klein

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