Klagenfurt – Dass Manuel Neuer mitfährt zur Weltmeisterschaft – das war am Samstagabend in Klagenfurt nach dem 1:2 gegen Österreich der Stand der Dinge. Verraten hat es Uli Voigt, der Pressesprecher des DFB. Indirekt. Am Ausgang warteten die Reporter aus Deutschland auf den Torhüter, der es aber auf verborgenen Alternativwegen schon in den schützenden Bus geschafft hatte. Voigt: „Manuel sagt heute nichts. Er spricht erst am Dienstag.“
Da er das kaum vom heimischen Tegernsee oder aus einem dann bereits angesteuerten Urlaubsdomizil tun würde, ist anzunehmen, dass Neuer im Trainingslager in Eppan seine Stimme ans Volk richten wird. Um am Dienstag noch im Trainingslager in Südtirol zu sein, ist Voraussetzung, dass Bundestrainer Joachim Löw ihn am Montagmittag bei der FIFA für die WM meldet. Die Vereinbarung war/ist: Fährt Neuer mit nach Russland, wird er die Nummer eins sein. Gestern habe der linke Fuß eine abschließende Kontrolluntersuchung bestanden, meldete die Bild-Zeitung am Abend.
Am Wochenende, im Anschluss an den ersten richtigen Wettkampf seit September 2017, also kein richtiges Frage- und Antwort-Spiel mit Neuer – eine Prozedur, der sich Fußballer von Nationalmannschafts-Güte in einer solchen Situation schon aus Professionalität stellen müssten – vielleicht will Manuel Neuer seine Lage auch noch eingehend analysieren und mit dem Trainerstab diskutieren und ist seine persönliche Festlegung doch noch nicht klar.
Auf dem Spielfeld hat er am Samstagabend alle Gefühle durchgespielt. Er hat gelächelt nach seiner Parade in der 32. Minute gegen den Österreicher Grillitsch. Neuer schien auf dem Weg in die andere Ecke (links) zu sein, doch sehr schnell konnte er noch die Richtung ändern, abtauchen und den Ball mit der rechten Hand abwehren. Aber er hat auch Machtlosigkeit ausgestrahlt nach dem zweiten Gegentreffer, seine Arme flogen verzweifelt in die Luft.
Was bei Manuel Neuer stimmte: die Reaktionen auf der Linie, das Timing beim Herauslaufen, das Zupacken, wenn es um die Lufthoheit ging. Die Ausstrahlung will ihm niemand absprechen. „Ich habe ihn zum ersten Mal live erlebt als Mitspieler“, sagte Timo Werner: „Jetzt kann ich verstehen, warum dieser Mann jedes Jahr zum Welttorhüter gewählt wird.“
Wo Manuel Neuer Probleme offenbarte: „Der eine oder andere Pass kam nicht so an“, bemerkte Sami Khedira, „doch das kann auch mit dem gesunden Fuß mal passieren.“ Einmal, nach nicht optimalem Anspiel durch Antonio Rüdiger, eröffnete der unter Druck geratene Neuer den Österreichern eine gute Torschussmöglichkeit, später versprang ihm ein Rückpass, er ließ es nur wie eine kleine Trickserei mit dem Ball aussehen.
Die Gegentore: „An denen kann er nichts machen“, sagte Alessandro Schöpf, der österreichische Siegtorschütze. Aber gehört es zur Aufgabe des Keepers nicht auch, auf die Abwehr ordnend einzuwirken? Defensiv war die deutsche Nationalmannschaft in Klagenfurt katastrophal.
Joachim Löw sprach von einem „zufriedenstellenden Comeback“ von Manuel Neuer, stellte dessen Reaktionsschnelligkeit heraus. Das klang noch nicht ultimativ überzeugt.
Sicher aber war das Spiel ein aufschlussreicher Test. Neuer wurde beschäftigt. Wie DFB-Stürmer Nils Petersen meinte: „Gefühlt war er unser Spieler mit den meisten Ballkontakten.“