Eppan – Sami Khedira und Julian Draxler sind die Streber der ersten Trainingslager-Tage. Bundestrainer Joachim Löw hatte ihnen angeboten: Reicht, wenn ihr am Freitag kommt.
Aber nein: Khedira (Juventus Turin) und Draxler (Paris St. Germain) „wollten vom ersten Tag an dabei sein“, berichtet Löw. Sie schlugen also das Angebot freundlich aus, dass er auch den Bayern Müller, Hummels, Boateng, Kimmich und Süle, dem hoch beanspruchten Marx-Andre ter Stegen (Barcelona) und Antonio Rüdiger nach dessen Pokalsieg mit dem FC Chelsea in England unterbreitet hatte. Diese sieben nahmen an und werden erst heute in Eppan eintreffen, Jerome Boateng vielleicht sogar erst am Sonntag, „weil er eine Muskelverletzung hat und wir da nichts falsch machen wollen“.
Fürs Wochenende hat Joachim Löw den Einstieg „ins mannschaftstaktische Training“ vorgesehen, mit den Testspielen gegen die U 20 am Montag und Mittwoch geht es dann richtig los – doch auch so empfindet Löw schon die Sicherheit: Es wird eine gute Zeit. „Man kann es in den Gesichtern der Spieler erkennen. Die Spieler haben ein Gespür.“ Dafür, dass alles passt in Südtirol und jeder sich erfüllt sieht von der Aufgabe, bald eine WM spielen zu dürfen (sofern er final nominiert wird am 4. Juni). Löw sagt: „Ich muss bei keinem die Gier wecken.“
Wie das so ist: Einige erleben die erste WM, für andere könnte sie der Schlusspunkt sein. Aus der Riege der U 21-Europameister von 2009, die seit 2010 den Kern des deutschen A-Nationalteams bilden, ist die Generation „Um die 30“ geworden. Mats Hummels, Jerome Boateng, Mesut Özil sind 29, Sami Khedira ist 31, Manuel Neuer 32. Wenn jeder auf sein Alter „plus vier Jahre“ dazurechnet, ergeben sich Zahlen, bei denen eine weitere WM-Teilnahme nicht mehr ausgeschlossen, doch auch nicht naheliegend ist.
„Ich spreche mit Spielern vor einem Turnier nie darüber, was nach dem Turnier sein wird“, sagt Joachim Löw, „das habe ich 2014 auch nicht mit Miro, Philipp oder Per getan“. Der Bundestrainer beobachtet seine Spieler während der WM (oder EM), erst in den Wochen danach kommt er zu einem Urteil: Den kann ich noch brauchen – oder nicht. Nicht ausschließen will er, „dass einzelne Spieler sich damit beschäftigen, dass es ihr letztes großes Turnier sein wird“. So war es vor vier Jahren bei Klose (der nun als Co-Trainer-Praktikant zum DFB-Stab gehört), Lahm und Mertesacker, die als Weltmeister zurücktraten.
„Khedira, Hummels und Özil können immer noch hohes Tempo gehen“, sagt Löw. Komme ja auch immer darauf an, wie einer lebe und trainiere, dann sei er mit 30 noch nicht dem fußballerischen Verfall ausgeliefert. Wichtig: Jeder müsse wissen, „dass er keine Garantie hat, sieben Spiele machen zu können. Der Treibstoff muss immer vorhanden sein.“ Auch in Russland wird Löw auf dem angestrebten Weg ins Finale manchen Spielern Pausen verordnen.“ Er ist sich aber sicher, dass die es akzeptieren werden. „Keiner wird alleine Weltmeister, jeder ist ein Puzzleteil. Wenn alle respektvoll miteinander umgehen, dann ist die Mannschaft schon am Laufen.“
Vielleicht hat er aus Gründen der Harmonie von vornherein auf Sandro Wagner (der ja auch U 21-Europameister war vor neun Jahren) verzichtet. Er werde über dieses Thema nicht mehr sprechen, „dazu habe ich mich zweimal geäußert, das reicht, und vor der Mannschaft muss ich es auch nicht tun.“ Jedoch ist dem Bundestrainer der Name herausgerutscht, als er „von unseren Stürmern Petersen, Gomez und Wagner . . äh, Timo Werner“ sprach. Er hat schelmisch gelächelt. Hatte Sandro Wagner wenigstens diese eine Erwähnung. Die letzte.