Geschäft mit der Täuschung

von Redaktion

Die Wrestling-Show der WWE in München kommt an – mit all ihren Merkwürdigkeiten

München – Manchmal ist es leicht, Menschen zu begeistern. Der amerikanische Wrestler Daniel Bryan hat sich dafür einen besonders simplen Trick einfallen lassen. Er streckt seine Zeigefinger aus, reißt sie hoch und schreit, wenn sie oben angekommen sind: „Yes!“ Mehr nicht. Strecken, reißen, schreien. Immer wieder, seit Jahren schon. Als Bryan am Sonntagabend in der Münchner Olympiahalle aufgetreten ist, empfingen ihn knapp 6000 Fans mit ausgestreckten Zeigefingern.

Um das Erfolgsgeheimnis von World Wrestling Entertainment (WWE) zu verstehen, muss man sich anschauen, wie das reiche Unternehmen seinen Sport vermarktet. In München, wo die WWE am Sonntag ihre Europa-Tour beendet hat, war das Konzept gut zu erkennen. Es sieht vor, dass die Fans sich mit den Wrestlern identifizieren. Um das zu erreichen, setzt die WWE auf einen primitiven Instinkt: Sie unterteilt ihre Stars in gut und böse.

Jeff Hardy, 40, zählt gerade zu den Guten. Er ist der wohl berühmteste WWE-Wrestler, der mit nach München gereist ist. 1993 trat er das erste Mal im Ring auf. In der Zwischenzeit spielte er auch den Bösen, das wechselt immer wieder, wie es den Drehbuchautoren der WWE in ihre Storys passte. Natürlich wissen auch die Fans, dass ihnen stets etwas vorgespielt wird, dass viele Schläge nicht echt sind, dass abgesprochen wird, wer gewinnt.

An diesem Abend darf Hardy gewinnen. Er besiegt Rusev, einen Bulgaren, der während des Kampfs ein Real-Madrid-Trikot anzieht, um das Münchner Publikum zu provozieren. Dafür stürzt sich Hardy mit einem Salto auf ihn. Man kann die Kämpfe albern finden, muss aber anerkennen, dass hinter ihnen viel Training steckt. Wrestling mag „fake“ sein, einfach ist es sicher nicht.

Am Fall Jeff Hardy zeigt sich aber auch, warum es umstritten ist, dass sich die WWE hinter ihren Skripten versteckt. Sie kann Probleme verschleiern, etwa das mit den Drogen. Solche Fälle erlebte die WWE häufiger. Auch Hardy hatte Drogenprobleme, das war ein Grund, weshalb sich WWE 2009 von ihm trennte. Später wurde Hardy verhaftet – mit mehr als 400 verschreibungspflichtige Pillen, Kokain und anabole Steroide. Die WWE verkaufte den Fans ihre Entscheidung mit einem besonderen Kampf. Wer verliert, muss die WWE verlassen. Hardy verlor. christopher meltzer

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