München – Wie man schlechte Nachrichten mit guten kontert, hat Rafinha in den vergangenen beiden Tagen in Perfektion demonstriert. Denn keine 16 Stunden, nachdem Brasiliens Nationaltrainer Tite seinen WM-Kader präsentiert hatte, in dem der Name des Bayern-Spielers fehlte, setzte sich der 32-Jährige in München grinsend vor eine Kamera. Ein Handschlag mit Hasan Salihamidzic, das klassische Motiv für eine Vertragsverlängerung. Diese stand zwar seit vergangener Woche fest, wurde aber zum besten Zeitpunkt noch mal plakativ untermalt.
Enttäuschung ist im Gesicht von Rafinha freilich nicht zu sehen, vielmehr sprach er von „einem Traum, für diesen Verein zu spielen“. Seit 2011 trägt der Außenverteidiger das rote Trikot, holte gerade seine sechste Meisterschaft und steht am Samstag vor seinem vierten Pokalsieg. Als Stammspieler wollte er sich nicht mal in Spielzeiten bezeichnen, in denen er tatsächlich gesetzt war. Trotzdem ist er weit mehr als ein Notnagel, wenn Joshua Kimmich oder David Alaba ausfallen. In 25 Spielen stand er diese Saison in der Startelf. Er machte einige sehr gute und zahlreiche solide Spiele. Es ist daher nicht ganz fair, ihn an dem einen Fehlpass im Hinspiel gegen Real Madrid zu messen, der die Bayern im Halbfinal-Duell extrem schmerzte und in keinem Jahresrückblick fehlen wird.
Zum einen, weil er als Linksverteidiger agierte; zum anderen, weil Patzer seinerseits Seltenheitswert haben. Das weiß auch Tite, der nach dem Ausfall von Dani Alves ernsthaft über eine Nominierung Rafinhas nachgedacht, sich aber dennoch für Fagner von Corinthians und Danilo von Manchester City entschieden hat. Für den Münchner Rafinha geht es daher nun in den Urlaub zur Familie, und seine ohnehin unrühmliche Beziehung zur Seleçao ist endgültig vorüber.
Sie war seit mehr als einem Jahrzehnt von Auf und Abs geprägt. Nach seinen Auftritten bei der U 20-WM 2005 sowie beim Gewinn der Olympischen Bronzemedaille 2008 in Peking galt Rafinha als einer der hoffnungsvollsten Außenverteidiger der Fußball-Nation. Weil er aber in der Folge kaum mehr Einsätze bekam, bat er 2015 verschnupft darum, nicht mehr berücksichtigt zu werden. Die Rolle rückwärts war im vergangenen Jahr bei den Testspielen gegen Australien und Argentinien davon begünstigt, dass in Tite ein alter Bekannter auf den Trainerstuhl zurückgekehrt war. Der betonte zwar stets, Rafinha „auf dem Radar“ zu haben, ließ aber dennoch nun einen „Kindheitstraum“ (Rafinha) platzen.
Immerhin blieb der Trostpreis dahoam. hanna raif