Dortmund – Am letzten Bundesliga-Spieltag hat sich Joachim Löw das Spiel SC Freiburg – FC Augsburg ausgesucht, darüber wurden Witze gerissen: Der Breisgau-Jogi, bequemlich, wie er ist, wollte nicht weit fahren. Welche WM-Kandidaten hat er da wohl beobachtet?
Tatsächlich einen – und der wurde zur Überraschung seines vorläufigen Weltmeisterschafts-Kaders, sozusagen zum Odondor-Mustafi-2018: Nils Petersen. Neben Timo Werner und Mario Gomez, mit denen jeder gerechnet hatte, der dritte Mittelstürmer. Petersen, 29. bislang ohne Länderspiel, vom SC Freiburg, der fast noch abgestiegen wäre mit einer schwachen Rückrunde – und nicht Sandro Wagner, Confederations-Cup-Sieger, seit einem halben Jahr beim FC Bayern unter Vertrag, dem Club, der im DFB natürlich eine ganz andere Lobby hat. Und vom ganzen Auftreten her das Gegenteil des grüblerisch wirkenden Petersen ist, der schon mal hinterfragte, was man denn am Ende einer Fußballerkarriere an Bildung aufzuweisen habe (im Freiburger Fall: weniger als die Leute im Publikum, so hatte er es formuliert).
Der SC Freiburg war die Mannschaft mit dem geringsten Ballbesitz-Prozentsatz in der Bundesliga – und mit entsprechend wenigen Torchancen. „Dennoch hat Petersen 15 Tore erzielt“, sagt Löw. Diese Zahl imponierte ihm und bestärkte sein Bauchgefühl: Er wird jetzt zumindest mal sehen, wie der Neuling, der zu Beginn der Saison in Freiburg Reservist war und erst durch eine langwierige Verletzung von Florian Niederlechner zur Stammkraft wurde, sich im Trainingslager in Eppan machen wird. Und noch was: „Für ihn spricht auch, dass er Qualitäten als Joker hat.“
Wie 2014 Andre Schürrle einer war. Oder Mario Götze. Beide Weltmeister gehören dem 2018er-Aufgebot nicht mehr an. Bei Schürrle hatte sich das angedeutet, bei Götze auch, dennoch überraschte die Konsequenz von Löw, dem Finaltorschützen nicht mal die Chance einzuräumen, sich mit einem guten Trainingslager zu qualifizieren. An das Talent von Götze („Zeig der Welt, dass du besser bist als Messi“) glaubt er offiziell immer noch, stellt aber klar: „Es war wahrhaft nicht seine Saison.“ Nach der WM hätten auch die jetzt nichtberücksichtigten Spieler womöglich wieder eine Perspektive. Nie sei eine Entscheidung „gegen jemanden gerichtet“. Was man halt so sagt. gük