Frankfurt – Zu Beginn des Schlussviertels war für den Frankfurter Hallensprecher die Zeit der Verzweiflungsaktionen angebrochen. „Alle aufstehen, wenn wir zusammenhalten, haben wir eine Chance“, krähte der Mann in sein Mikrofon. Allein: Sein Aufruf verhallte ungehört. Die 5002 Frankfurter standen zwar artig auf ihren Sitzen. Doch die Stimmung in der Arena war längst auf den Nullpunkt abgesackt. Zu kühl, zu souverän spielten die Bayern.
Am Ende strand ein 85:50 (47:28) der Münchner. Was für eine Reaktion des zuletzt so heftig schwächelnden Pokalsiegers. Statt Saisonende wartet nun Spiel fünf. Am Donnerstag (20.30 Uhr) wird im heimischen Audi Dome ausgespielt, wer vom kommenden Sonntag an im Halbfinale den Titelverteidiger aus Bamberg fordern darf. Präsident Uli Hoeneß sieht dem Ganzen vorsichtig optimistisch entgegen. „Ich war schon ein bisschen nervös, weil wir zuletzt einfach schlecht gespielt haben“, sagte der mitgereiste Klubpatron, „Ich warne davor, zu weit zu denken aber heute hat man in Ansätzen gesehen, wie stark wir sein können.“
Und die Bayern legten los, als wollten sie gleich im ersten Viertel wettmachen, was sie über die ersten 12 Viertel dieser Viertelfinalserie verpasst hatten. Der Hauptrundenmeister verteidigte aggressiv – auch ohne den, noch immer an der Schulter ramponierten Vladimir Lucic. Frankfurt hatte seine liebe Mühe, überhaupt in Wurfposition zu kommen. Einzig Quantez Robertson entwischte dem Münchner Zugriff von Zeit zu Zeit. Immerhin 10 seiner 12 Punkte hatte der Frankfurter Oldie bis zur Pause angesammelt.
Es fiel kaum ins Gewicht. Weil die Bayern auch in der Offensive offenkundig ihre Schlüsse aus dem qualvollen Auftritt am vergangenen Samstag gezogen hatten. Die Bayern drückten aufs Tempo, wo sie nur konnten. Ansonsten ließen sie den Ball geduldig durch die eigenen Reihen kreiseln. Ob an den Korb oder die Dreierlinie – ein freier Mann fand sich immer. Was für ein Unterschied zu den fahrigen ersten Viertelfinals. Spielmacher Braydon Hobbs ahnt: „Wir haben definitiv diesen Tritt in unsere Hintern gebraucht.“
Jared Cunningham (15 Punkte) brachte mit zwei Dreiern schnell Bewegung auf die Anzeigetafel. Doch die Kollegen folgten schnell. Schon zur Pausensirene hatten neun der zehn Profis gepunktet, die Trainer Dejan Radonjic bis dahin ins Rennen schickte.
Apropos Radonjic. Der Montenegriner hatte sich offenbar auch vorgenommen, sein München-Gastspiel nicht mit dem Besorgnis erregend passiven Eindruck der letzten Spiele zu beenden. Radonjic gestikulierte, kritzelte Anweisungen auf die Taktiktafel, klatschte Spieler nach Korberfolgen ab. Und er hatte viel zu klatschen. Ein 47:28 nahm sein Team bereits in die Kabine mit.
19 Punkte Unterschied also, das war genau das Polster, das sich die Münchner am Samstag aus den Händen hatten nehmen lassen. Doch es wurde schnell klar: Diese Geschichte würde sich nicht wiederholen. So oft hatten die Bayern innerhalb eines Spiels so unterschiedliche Gesichter gezeigt. Diesmal machten sie in der zweiten Halbzeit wie selbstverständlich da weiter, wo sie in der ersten aufgehört hatten. „Die Jungs, die nach der Pause das Tempo hochgehalten haben, haben das Spiel noch einmal neu gewonnen“, fand Anton Gavel. Die Bayern blieben auf dem Gaspedal und hielten Frankfurt so weit auf Distanz, dass Radonjic in den Schlussminuten sogar seinen beiden Youngstern Marvin Ogunsipe und Karim Jallow ein paar Playoff-Erfahrungen schenken konnte.
Womit es nun also wieder greifbar ist, das Wiedersehen mit den, bereits qualifizierten Bambergen. Soweit wollte in den Reihen der Bayern derweil aber noch niemand denken. Auch Spielmacher Braydon Hobbs nicht: „Wir müssen jetzt erst einmal am Donnerstag zeigen, dass so eine Leistung keine einmalige Sache war.“