München – Man muss Mats Hummels lassen, dass er durchaus einen Sinn für Humor hat, der nicht jedem seiner Kollegen zu eigen ist. Das merkt man im persönlichen Gespräch genauso wie in der indirekten Kommunikation über die sozialen Medien. Wenn der Nationalspieler eine Nachricht zu verbreiten hat, muss nicht zwingend ein cooles Foto in hippen Klamotten dabei stehen, oder wahlweise ein überdimensioniertes Tattoo. Nein, Hummels beschränkt sich auf die Fakten. Und die lauteten am Sonntagabend: „Schlechte Nachrichten: Wir haben gestern immer noch sch . . . . gespielt. Gute Nachrichten: Mein Fuß ist nicht ernsthaft verletzt und wir wollen es am kommenden Wochenende im Pokalfinale besser machen.“
Noch Fragen?
Der Meisterfeier-Kater (wenn es denn einen gab) ist seit spätestens gestern verdaut, wenn Jupp Heynckes sein Team an diesem Dienstag zum ersten Mal wieder versammelt, richtet sich der Blick nach vorne und nicht zurück. Da ist es nicht schlecht, dass zwei wichtige Begleitumstände für diese letzten Tage der Saison bereits vorab geklärt sind. Natürlich war Hummels nicht der Einzige, der versicherte, dass das peinliche 1:4 gegen den VfB Stuttgart zum Bundesliga-Abschluss ein Betriebsunfall gewesen sei, auch Thomas Müller sagte beispielsweise: „Das gibt uns jetzt einen guten Aufhänger, um mit voller Kraft in Richtung Samstag zu arbeiten.“ Und es ist ebenso gut zu wissen, dass Hummels – Stand jetzt – dabei sein wird. Denn ganz bei Kräften ist diese Bayern-Abwehr im Moment ohnehin nicht.
Erst vor Kurzem wurde Müller gefragt, ob der Meister überhaupt noch „zu null“ spielen könne. Selbst der sonst so schlagfertige Stürmer musste da überlegen, erinnerte sich an ein 3:0 in Hannover, stellte aber auch fest, dass Partien ohne Gegentreffer in den letzten Wochen Seltenheitswert hatten. Seit dem 6:0 gegen Dortmund Ende März gab es in elf Spielen gerade mal zwei, in denen Sven Ulreich nicht hinter sich greifen musste. Sogar der vollkommen uninspirierte kommende Finalgegner Frankfurt schoss beim 1:4 in München noch ein Tor. Eines von zehn, das die Bayern in den letzten fünf Spielen kassierten. Sattelfest ist was anderes.
Was im Bundesliga-Endspurt – außer beim 1:4 am Samstag – zu verschmerzen war, dürfte im einzigen echten Endspiel der Saison fatalere Folgen haben. Nicht weil die Eintracht zuletzt Angst und Schrecken verbreitet hat – im Gegenteil. Aber auch Müller ist nicht entgangen, dass Frankfurt eine „unangenehme“ Mannschaft ist, „die knappe Ergebnisse fabriziert“. Für ein Tor ist die Elf von Niko Kovac schon mal gut – und die Bayern bei Rückschlägen nicht immer souverän.
Als Jupp Heynckes bei seinem Amtsantritt auf seine „erste Elf“ angesprochen wurde, winkte er schnell ab, ließ aber durchblicken, dass die Abwehrreihe für ihn ein Mannschaftssteil sei, der von Kontinuität lebe. In den vergangenen Wochen nun war der Coach teils zu Umstellungen gezwungen – Jerome Boateng fehlt weiter, David Alaba arbeitet am Comeback –, rotierte aber teils auch ohne Not. Zum Einsatz kamen unter anderem Lukas Mai, Juan Bernat und Rafinha, jedes Mal dauerte es, bis sich die Formation gefunden hatte. Daran, dass es meistens gut ging, hatte Defensiv-Boss Hummels einen großen Anteil. Aber auch Süle, der Dauerbrenner.
Seit der Verletzung von Boateng ist der Ex-Hoffenheimer gesetzt, allerdings war seine Entwicklung auch schon vorher überraschend schnell und gut verlaufen. Heynckes lobt den 22-Jährigen bei jeder Gelegenheit, attestiert ihm baldige Weltklasse. Süle selbst möchte von einer „Rangordnung“ in der Abwehr „gar nicht sprechen“. Er verweist bei entsprechenden Nachfragen gerne auf die Anzahl der Einsätze, auf die er in seinem ersten Jahr in München kommt, sagt: „Ich durfte gegen Paris zwei Mal ran, da waren auch alle drei Innenverteidiger fit.“ Für die Zukunft heißt das: Hinten anstellen wird Süle sich nicht.
Vielleicht ist es gut, dass sich die Frage für das Pokalfinale ohnehin nicht stellt. Mit Blick auf die angeschlagenen Alaba und Hummels sind Süle und Joshua Kimmich sogar die einzigen beiden Abwehrspieler, die kerngesund in die Partie gehen. Sie wollen: Gute Nachrichten produzieren. Nicht nur für Hummels’ Twitter-Account.