Vettel überrumpelt die Silbernen

von Redaktion

Der Ferrari-Star nutzt mit Glück und Können eine Safety-Car-Phase und eine Mercedes-Softwarepanne zum Auftaktsieg

Von Marco Heibel

Melbourne – Lewis Hamilton hockte eine kleine Ewigkeit wie versteinert in seinem Silberpfeil, während Sebastian Vettel immer wieder vor Freude gegen den Kopfschutz Halo seiner neuen roten Göttin „Loria“ hämmerte. Beim dramatischen Neustart des WM-Duells der beiden Formel-1- Giganten hatte Vettel die Gunst einer Safety-Car-Phase sowie eine Softwarepanne bei Mercedes genutzt und Weltmeister Hamilton so den sicher geglaubten Sieg beim Großen Preis von Australien geraubt. „Wir hatten Glück mit dem Safety Car, das stimmt. Aber wir haben auch zugegriffen“, sagte Vettel (30) nach seinem 48. Sieg im 200. Grand Prix.

Der Heppenheimer lieferte im Albert Park von Melbourne über 58 Runden eine fehlerfreie Vorstellung ab. Ohne die Hilfe von Fortuna wäre es dennoch nichts geworden mit seinem 100. Podestplatz und der WM-Führung vor dem zweitplatzierten Hamilton. „Wir sind eigentlich noch nicht auf einem Level mit Mercedes. Lewis war der schnellste Mann heute“, räumte Vettel fair ein. Dass es trotzdem beim Saison-Auftakt zum Sieg reichte (wie 2017), euphorisierte den Hessen und sein Team: „Das ist für uns eine große Motivation für die nächsten Wochen.“

Toto Wolff will gerne „irgendwen erwürgen“

Bei Mercedes war die Stimmung nach der unerwarteten Niederlage am Tiefpunkt. „Ich würde gern irgendwen erwürgen, ich weiß aber noch nicht wen“, haderte Motorsportchef Toto Wolff: „Wie vielen Leuten ist das schon passiert, dass man vom Safety Car gebissen wird? Wir mussten mit Lewis den Boxenstopp von Kimi (Vettels letztlich drittplatzierter Teamkollege Räikkönen; d. Red.) covern und waren dann blank, falls ein Safety Car kommt.“

Dieses wurde – zunächst virtuell – just in der Phase aktiviert, als Vettel wegen seines herausgezögerten Reifenwechsels vor Hamilton und Räikkönen in Führung lag. Der Franzose Romain Grosjean vom Ferrari-Kundenteam Haas war nach einem Fehler seiner Crew beim Reifenwechsel (Radmutter nicht richtig angezogen) in Runde 24 liegen geblieben. Die Safety-Car-Phase kam. Und Vettel schlug zu.

„Unsere Strategiesoftware hat uns 15 Sekunden Vorsprung auf Sebastian ausgespuckt, die wir hätten haben sollen. Wir dachten also, das ist okay, aber wir sind dann hinter ihm gelandet“, zeigte sich Wolff irritiert: „Wir werden einmal bei unserer Software ansetzen, die wir schon fünf Jahre verwenden. Mal schauen, ob die einen Fehler hat.“ Es sah ganz danach aus.

Der Leidtragende war Hamilton: Der Weltmeister verstand die Welt nicht mehr, als Vettel plötzlich vor ihm lag. „Ist das mein Fehler?“, fragte der Titelverteidiger verwundert via Boxenfunk. „Lewis, wir dachten, wir wären sicher, aber da ist offensichtlich etwas schief gegangen“, gab die Mercedes-Crew zurück.

Hamilton geknickt

Auch zwei Stunden nach Rennende war Hamilton noch sichtlich geknickt: „Ich habe getan, was ich konnte“, sagte der Brite – und fügte zähneknirschend hinzu: „Wenn ich die Wahl hätte, würde ich eher nach Instinkt fahren als nach Daten. Aber so ist die moderne Formel 1 nun mal.“

Noch im Qualifying war der Titelverteidiger unantastbar gewesen – und auch im Rennen sah er nach dem geglückten Start schon wie der sichere Sieger aus. Doch durch das Drama um den Haas-Renner von Grosjean setzte sich Hamiltons Pechsträhne in Melbourne fort: Siebenmal stand der 33-Jährige im Albert Park bereits auf der Pole Position, doch nur 2008 und 2015 konnte er die beste Ausgangsposition in den Sieg ummünzen.

Hamilton wurde gegen Ende des Rennens immer entschlossener – womöglich zu entschlossen: Einer schnellsten Rennrunde folgte umgehend ein Verbremser mit Ausrutscher ins Gras. Er kämpfte sich noch einmal heran, doch seine Hinterreifen litten unter diesem Schlussspurt derart, dass Vettel den Sieg sicher ins Ziel bringen konnte.

Vierter wurde Red-Bull-Pilot Daniel Ricciardo, womit es auch bei der 34. Auflage des Großen Preises von Australien kein Fahrer aus Down Under auf das Podest schaffte. Der Emmericher Nico Hülkenberg belegte im Renault den guten siebten Platz.

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