Die Trainersuche des FC Bayern

Herrgottschnitzer, hilf!

von Redaktion

Karl-Heinz Rummenigge hat sich das Bonmot vor ein paar Jahren einfallen lassen, seitdem bemühte es der Vorstandschef des FC Bayern mehrfach. Wenn er einen Mann lobt, sagt er, man fände selbst dann keinen Besseren, wenn man ihn bei den Herrgottschnitzern in Oberammergau bestelle. Oder wenn er nicht so richtig weiter weiß, beispielsweise bei einem Erben für die Ausnahmespieler Franck Ribery und Arjen Robben, sagt er, halb im Scherz, man müsse einen Kandidaten bei den Künstlern im Voralpenland in Auftrag geben. Die Trainersuche des FC Bayern gestaltet sich zunehmend als so schwierig, dass bald der Ruf an der Säbener Straße erschallen könnte: Herrgottschnitzer, hilf!

Jupp Heynckes möchte nach Hause, Thomas Tuchel sagte nun ab, und jeder andere Kandidat hat seine Mängel. Vor allem, wenn die Bosse nicht von ihrem Plan abrücken, sich um eine deutschsprachige Lösung zu kümmern, wird es hart. Einige vertreten eine andere Philosophie als den Münchner Ballbesitzfußball (Jürgen Klopp, Ralph Hasenhüttl), haben noch keine großen Referenzen (Niko Kovac), weisen Brüche in ihrer Vita auf (Lucien Favre), sind nicht verfügbar und auch nicht gewünscht (Joachim Löw) oder noch zu naseweisig (Julian Nagelsmann). Beim Freiburger Freigeist Christian Streich ist es schwierig, intern eine Mehrheit zu bekommen. Sogar Tuchel wäre in München wegen seines komplizierten Charakters schwer vorstellbar gewesen, Uli Hoeneß hatte da nicht von ungefähr Zweifel.

Die Zeit läuft langsam davon, und guter Rat wird zunehmend teuer. Ideal wäre ein weiteres Jahr mit Heynckes, nicht umsonst umgarnen die Bosse den 72-Jährigen mit allen Mitteln. Die Mannschaft ist ja nicht einfach zu führen, schon seit Jahren muss ein Coach hier einen Umbruch moderieren, und angesichts der ambitionierten, alternden Alphatiere wie Ribery und Robben ist einer wie Heynckes die perfekte Persönlichkeit. Wer sonst hat so ein Format?

Begibt man sich auf das internationale Parkett, wird es ebenfalls rutschig. Mauricio Pochettino, Antonio Conte und Luis Enrique sind gute Männer, müssten aber Sprachbarrieren überwinden und sich erst einmal einleben. Zudem wollen die Bayern nicht wieder einen internationalen Trainerstab, da hatte man unter Carlo Ancelotti zu viele interne Querelen.

Tuchels Absage erhöht den Schwierigkeitsgrad der Suche. Und auch den Druck auf Heynckes, der den ehemaligen Dortmunder als Nachfolger zu präferieren schien. Kann er seine Bayern jetzt alleine lassen? Bei ihm ist es so wie in der Bibel: Es gibt keinen anderen neben ihm. Selbst die Herrgottschnitzer in Oberammergau haben da keine Schablone.

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