Freiburg – Ob Sandro Wagner am Sonntagabend hörte, was die Stimme aus dem Hintergrund zu sagen hatte, blieb in den Katakomben des Schwarzwald-Stadions Interpretationssache. Aber zumindest auf jeder Tonbandaufnahme sind die Rufe von Mats Hummels klar und deutlich zu hören. „Abseits, das war Abseits“, schrie der Abwehrspieler in Richtung seines Mannschaftskollegen, als der gerade Fragen zu seinem dritten Tor im Trikot des FC Bayern beantwortete. Wagner ließ sich nicht beirren und sprach einfach weiter. Kein Wimpernzucken, kein gar nichts. Nur die aus tiefstem Herzen kommende Aussage: „Für mich war es einfach wichtig, ein Tor zu machen.“
Die Erleichterung über diesen – mit Verlaub: nicht sonderlich spektakulären und erst nach Videobeweis gegebenen – Treffer zum 3:0 in Freiburg war dem 30-Jährigen anzusehen. Zwar hatten sich die Bayern in der unmittelbaren Spielvorbereitung befunden, als Mario Gomez beim 3:2 des VfB Stuttgart gegen Köln gleich doppelt erfolgreich war. Aber die Nachricht über den Vorschuss, den sich der Konkurrent um den Platz im WM-Kader dadurch erarbeitet hatte, war natürlich trotzdem bei Wagner angekommen. „Prinzipiell“, sagte er hinterher, „ist es mir Wurst, was er macht“. Er weiß aber natürlich ganz genau, dass als Argumente in diesem Zweikampf nichts anderes zählt als Tore, Tore, Tore.
Wagner begegnet der Situation gewohnt selbstbewusst, sagte nach dem 4:0 vom Sonntag, dass er „überzeugt“ sei von sich selber. Ob „für Darmstadt im Abstiegskampf, in Hoffenheim in der Europa League, Für Bayern und die Deutsche Meisterschaft“: Er habe „in jedem Verein meine Tore gemacht“. Deswegen habe er die Reise nach Russland „verdient“. Und außerdem „bin ich in meinen Augen der beste deutsche Stürmer“. Damit das mal klar ist.
Dass er im Breisgau werde spielen dürfen, dass der pumperlgesunde Robert Lewandowski auf der Bank sitzen würde, wusste Wagners schon seit ein paar Tagen. Weil sich seine Situation in München aber grundlegend geändert hat, er sich freue „über jede Minute“, muss er seine Einsatzzeiten auch mehr nutzen als der Stammspieler Gomez im Schwabenland. Heynckes lässt den Ersatzstürmer stets auswärts ran, zuletzt in Wolfsburg und Mainz. „Er weiß selber, dass das nicht einfach ist“, sagte Wagner. Wenn dann aber ein Tor gelingt, ist das doppelt gut.
„Belohnt“ habe sich Wagner, sagte Thomas Müller, in einem Spiel, das als Stoßstürmer nicht leicht war, und noch dazu in der Heimat von Bundestrainer Joachim Löw. Dessen Entscheidung übrigens werde der Ex-Hoffenheimer „akzeptieren“, egal, wie sie ausfalle. Er sei „sehr positiv, dass ich mitfahren darf“. Anders als „andere“ habe er seinem „Medienberater“ aber noch keinen „WM-Vorschuss gegeben“. Eine kleine Spitze gegen Gomez? Auch das: Interpretationssache. hlr.