BASKETBALL

Erntezeit für den Ur-Bayern

von Redaktion

Nihad Djedovic ist Münchner Rekordspieler – heute gegen Kasan will er nun im Eurocup dem Titel näher kommen

VON PATRICK REICHELT

München – Man muss ja längst nicht mehr Stammgast im Audi Dome sein, um halbwegs regelmäßig mit Nihad Djedovic konfrontiert zu sein. Der Blick ins Werbefernsehen reicht manchmal auch. Der Deutsch-Bosnier der Basketballer des FC Bayern preist dort die Produkte eines Herrenausstatters an. Und es ist sicherlich kein Zufall, dass gerade er hier das Gesicht des Vereines ist.

Weil halt auch keiner dem Basketball Unternehmen vom Westpark so lange treu ist wie er. Es läuft Spielzeit Nummer fünf. Seit Samstag ist er mit nun 160 Bundesliga-Partien der alleinige Rekordhalter des FC Bayern. Heute Abend (20.30 Uhr) packt er im ersten Eurocup-Viertelfinale seinen 79. Einsatz in Europa drauf – natürlich gibt es auch in dieser Kategorie keinen Dienstälteren im Münchner Team. Es sind Errungenschaften, die ihn merklich bewegen: „Es ist für mich eine Ehre, dieses Trikot mit diesem Emblem auf der Brust tragen zu dürfen.“

Dabei hätte es noch in der vergangenen Saison vermutlich nicht viele überrascht, wenn sich Djedovic bald eine andere Farbe überstreifen würde. Da hatte der 28-Jährige ziemlich unsanft erkennen müssen, dass das so eiserne Gesetz von Ex-Coach Svetislav Pesic („Djedovic spielt immer“) für dessen Nachfolger Sasa Djordjevic keineswegs automatische Gültigkeit hatte.

Der 50-Jährige sah für den filigranen Forward mit dem feinen Händchen eine andere, ein mannschaftsdienlichere Rolle vor. Sogar als Spielmacher musste der Mann mit dem Vollstrecker-Gen immer wieder aushelfen. Djedovic hat daran zu knabbern gehabt. Seine Einsatzminuten schwanden, sein einst so unerschütterliches Selbstvertrauen auch. Das Bemerkenswerte ist: Er hat den Kampf angenommen. Auch Geschäftsführer Marko Pesic ist das nicht entgangen: „Nihads Einstellung ist absolut vorbildlich.“

Er hat sich beharrlich in seine neue Rolle hineingearbeitet. Dass er nach der Verpflichtung von Stefan Jovic und Braydon Hobbs nicht mehr unbedingt als Spielmacher gefragt ist, kommt ihm da ganz gelegen. Knapp elf Punkte sammelt er im Schnitt schon wieder an, Tendenz steigend – am Samstag in Ludwigsburg steuerte Djedovic gleich 19 Zähler zur 90:73-Demonstration bei.

Grenzen scheint es keine zu geben. Erst Recht seit mit dem Pokalsieg neulich in Ulm auch der letzte Makel seiner Karriere fiel. Bis dahin ist Djedovic beim FC Bayern eher für die großen Niederlagen denn für Titel gestanden. Zwar ist er der einzige im aktuellen Bayern-Team, der auch beim Gewinn der Deutschen Meisterschaft 2014 schon im Kader stand. Doch die Finalserie gegen Alba Berlin erlebte er seinerzeit von der Bank aus mit. Als unbestrittener Topscorer des Teams zog sich Djedovic im Viertelfinale eine schwere Handverletzung zu und musste wie übrigens auch der heutige NBA-Profi Paul Zipser ausgerechnet in der heißen Phase der Saison zuschauen.

Den Pokalsieg sieht er nicht umsonst auch als Belohnung für sich selbst und den Klub für die Geduld in den letzten Jahren. „Alle im Verein, wie auch ich, haben hart gearbeitet“, sagte er. Und die Erntetage könnten ja noch weitergehen. In beiden Wettbewerben ist Djedovic mit seinen Bayern aussichtsreich im Rennen. Und an seinen Rekorden will der Mann aus Visegrad ohnehin weiter feilen. Denn ein vorzeitiger Abschied von München ist für ihn nicht in Sicht, wie er gerne betont: „Ich hätte nichts dagegen, meine Karriere hier auch zu beenden.“

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