Perfektes Rennen, perfektes Glück

von Redaktion

Warum es für Laura Dahlmeier schwer war, das „erwartbarste Gold der Spiele“ einzufahren

VON ARMIN GIBIS

Pyeongchang – Es war ein Moment, auf den Laura Dahlmeier sich schon lange vorbereitet hat. Eigentlich so lange sie denken kann. „Ich habe schon als kleines Kind auf meinem Stockbett geübt, wie es ist, auf dem Podium zu stehen. Ich habe damals schon davon geträumt und praktiziert, wie das ist bei der Medaillenvergabe.“

Am Samstag war es tatsächlich so weit. Laura Dahlmeier hüpfte auf dem Siegerpodest im Alpensia-Stadion, sie lachte, winkte mit dem Tiger-Maskottchen. Sie hatte es tatsächlich geschafft, hatte Gold geholt gleich im ersten Rennen dieser Winterspiele. „Ich bin glücklich, und das ist das Wichtigste,“ sagte sie.

Es war das erste Gold für das Team D in Pyeongchang, schon aus diesem Grund glänzte es ganz besonders. Und errungen hatte es jene Athletin, die mit größter Selbstverständlichkeit auf den Schild der Superfavoritin gehoben worden war. Bei der Pressekonferenz am Samstag meinte denn ein britischer Journalist, dies sei wohl das „erwartbarste Gold“ bei diesen Olympischen Spielen gewesen. Doch die 24-Jährige vom SC Partenkirchen widersprach sogleich: „Genau das ist vielleicht der schwierigste Part für mich: Dass jeder von mir den Sieg erwartet. Aber das ist nicht so leicht, wie es ausschaut.“

Es war ja bislang keine einfache Saison gewesen für die Skijägerin vom SC Partenkirchen. Zwei Erkrankungen hatten sie zurückgeworfen, es bereitete ihr auch Mühe, sich mit der Bürde der 2017 in Hochfilzen errungenen fünf WM-Goldmedaillen zu arrangieren. „Es kam viel Druck von außen, und ich habe mir selbst Druck gemacht“, erzählte sie. Hörbar war nun die Erleichterung, die aus ihr sprach: „Es ist ein unheimlich wichtiges Rennen für mich gewesen. Auf diesen Tag habe ich so lange hingefiebert, hintrainiert, hingearbeitet. Dass es gleich beim ersten Rennen so gut klappt, war superwichtig und macht das besondere Gefühl aus.“

Um ihr großes Ziel zu realisieren, musste Laura Dahlmeier, die in der Eiseskälte eine wärmende rote Kapuze trug, ihre ganz große Klasse beweisen. Schon beim Liegendschießen drehte sie nervenstark am Diopter, doch stehend vollbrachte sie dann ein kleines Wunder an eiserner Konzentriertheit. Eine Windböe vor dem vorletzten Schuss brachte die bis dahin fehlerlose Bilanz und Olympiagold in höchste Gefahr. 15 Sekunden vergingen, im Biathlon eine kleine Ewigkeit, ehe der Schuss und die Scheibe fielen. Und auch beim letzten Versuch machte es die Garmisch-Partenkirchnerin spannend, ehe sie zum zehnten Mal ins Schwarze traf. „Ich wollte nicht übervorsichtig sein und trotzdem mit Bedacht schießen“, erklärte sie. „Es ist echt schwierig, nach der Pause zwei saubere Treffer zu setzen. Aber ich habe das im Training schon oft trainiert.“

Bundestrainer Gerald Hönig befand: „Laura hat unter schwierigen Bedingungen schon öfter bewiesen, dass sie die beste Biathletin der Welt ist. Aber das war das I-Tüpfelchen.“ Ihre schärfsten Verfolgerinnen, die Norwegerin Marte Olsbu (24,2 Sekunden zurück) und Veronika Vitkova (25,8), mussten sich somit im Medaillenkampf klar geschlagen geben. Zweitbeste Deutsche war Vanessa Hinz (Schliersee) auf dem exzellenten 5. Rang, Franziska Hildebrand wurde Zwölfte, Denise Herrmann landete auf dem 20. Platz.

Im Ziel klopfte sich Laura Dahlmeier mit der rechten Faust auf die Brust. Eine für sie ungewöhnliche Geste. Darauf angesprochen meinte sie: „Ja mei, man darf auch mal stolz sein, wenn man null-null geschossen und alles gegeben hat. Für mich war es das perfekte Rennen.“ Und der bisherige Höhepunkt ihrer so glorreichen Karriere.

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