Peiffers Gold-Coup aus dem Nichts

von Redaktion

Einen Tag nach Dahlmeiers Sieg triumphiert der 30-jährige DSV-Biathlet überraschend im Sprint – „Der Wahnsinn!“

Von Sandra Degenhardt und Volker Gundrum

Pyeongchang – Nach seinem Sensations-Gold spendierte Arnd Peiffer eine Runde Bier – obwohl schon heute im Jagdrennen die nächste Medaillen-Chance auf die deutschen Biathleten wartet. „Eine Riesenparty können wir aber nicht machen, wir wollen ja schließlich noch einmal eine gute Leistung bringen. Aber ich lasse es mir nicht nehmen, mich mit den Technikern, den Trainern und meinen Teamkollegen hinzusetzen und ein schönes Bierchen zu trinken“, sagte der unverhoffte Sprint-Olympiasieger. „Mit 30 muss man die Feste feiern, wie sie fallen.“

Als nach Laura Dahlmeiers Coup das zweite Biathlon-Gold für Deutschland bei den Winterspielen in Südkorea perfekt war, wurde Peiffer von seine Teamkollegen und Betreuern auf die Schultern genommen – alle waren zur Jubelfeier am Sonntag ins Stadion von Pyeongchang gekommen. „Das finde ich schon außergewöhnlich. Das hat mich bewegt“, sagte der fünfte deutsche Sprint-Olympiasieger. „Ich habe es immer noch nicht realisiert. Und erwartet habe ich es auch nicht. Es ist der Wahnsinn!“

Nun geht der Sprint-Weltmeister von 2011 als Mitfavorit in die Verfolgung am heutigen Montag (13.00 Uhr MEZ/ZDF und Eurosport). Darüber nachdenken wollte er nicht. Das hatte er vor sieben Jahren gemacht – und war im Jagdrennen nur Vierter geworden. „Ich habe mir vorgenommen, wenn ich jemals wieder zum Höhepunkt einen Sprint gewinne, dann ist mir der Verfolger bis zum nächsten Tag völlig egal. Dann freue ich mich einfach.“

Bei grimmiger Kälte von gefühlt fast minus 20 Grad rundeten das überragende deutsche Teamergebnis Benedikt Doll als Sechster, Simon Schempp auf Rang sieben und Erik Lesser als Elfter ab – das lässt hoffen. Bundestrainer Mark Kirchner hatte sogar Tränen in den Augen. „Ich hatte schon so ein Gefühl und habe nach dem Essen gesagt, heute wäre der Arnd mal dran. Es ist unglaublich. Eine wahnsinnige Teamleistung.“

Aus dem Quartett der Weltmeister kam einer durch. Und das war diesmal Peiffer. Nach einer nervenaufreibenden Zitterpartie gewann er die zehn Kilometer dank eines fehlerfreien Schießens vor dem Tschechen Michal Krcmar und dem Italiener Dominik Windisch.

Dabei begann der Tag alles andere als erfolgversprechend. Eine halbe Stunde vor dem Anschießen brach am Gewehr der Schlagbolzen. Dann rutschte Peiffer in den Wachskabinen die Treppe hinunter und stieß sich sehr schmerzhaft den Ellenbogen an. Er war immer noch geschwollen. „Irgendwie lief nicht alles ideal“, erzählte Peiffer. „Es schien so, als ob es nicht mein Tag sein sollte.“

Aber im Rennen lief es dann – Peiffer machte alles richtig. Bei den schwierigen Windbedingungen schoss er im Liegendanschlag mutig. „Das hat gepasst, und ich habe es mir clever eingeteilt.“ Stehend war Peiffer dann aufgeregt, ob der großen Chance: „Aber dann habe ich die Null gebracht und wusste, heute könnte sogar was gehen.“ Peiffers beste Saisonplatzierung war zuvor ein dritter Platz im Sprint bei der Olympia-Generalprobe in Antholz gewesen. Einen Sieg hatten die deutschen Skijäger in diesem Winter noch nicht gefeiert.

Die Top-Favoriten Johannes Thingnes Bö (4 Fehler) aus Norwegen und Martin Fourcade (3) aus Frankreich patzten dagegen. Fourcade hatte zuvor in allen Weltcup-Saisonrennen auf dem Podest gestanden, Bö acht Siege gefeiert. Während sich Fourcade noch auf Rang acht rettete, belegte Bö nur den 31. Platz.

Arnd Peiffer, der im vergangenen Sommer seine Freundin geheiratet hat, ging in der Vorbereitung oft seine eigene Wege, bereitete sich zu weiten Teilen individuell auf den Olympia-Winter vor. Der 30-Jährige, der für seine kritischen Worte im Anti-Doping-Kampf bekannt ist, war ohne große Erwartungen nach Südkorea gereist. „Ich mache mir keinen großen Druck, ich will es eher genießen“, sagte der Harzer. Und wohl genau diese Einstellung hat ihm jetzt zu seinem größten Erfolg verholfen.

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