Pyeongchang – Nach Mitternacht, als die Einheitsfähnchen eingerollt und Kim Jong Uns Cheerleader verschwunden waren, sprach eine Eishockeyspielerin Millionen Koreanern aus dem Herzen. „Zusammen sind wir stärker, als wenn wir getrennt sind“, sagte Jong Su Hyon: „Gemeinsam werden wir nicht nur im Sport, sondern auch in anderen Bereichen erfolgreich sein.“
Die Nordkoreanerin hatte in der olympischen Eishockey-Arena von Pyeongchang mit dem ersten gemeinsamen Team 70 Jahre nach der Teilung Geschichte geschrieben. In welcher Dimension, zeigte sich nach der Schlusssirene: IOC-Präsident Thomas Bach kam zusammen mit Südkoreas Staatspräsident Moon Jae In und Kim Yo Jong, der Schwester des nordkoreanischen Machthabers, zur Spielerbank und bedankte sich für ein großes Zeichen der Versöhnung.
„Er hat gesagt: Gewinnen und verlieren ist wichtig. Aber wichtiger ist, dass ein Korea ein Ziel verfolgt“, berichtete Jong, eine der drei Spielerinnen aus dem Norden im vereinten Team. Verloren hatten sie zwar mit 0:8 gegen die Schweiz. Doch sie hatten die Herzen ihrer Landsleute gewonnen. „Korea, wir sind eins“, schallte es aus 3600 Kehlen durch das Kwandong Hockey Centre.
Die Friedensbotschafterinnen auf dem Eis waren sichtlich beeindruckt von der Wirkung ihres historischen Auftritts für zwei Länder, die sich offiziell noch immer im Krieg befinden. Die 200 Cheerleader aus dem Norden (genannt „die Truppe der Schönen“), von Staatsführer Kim als Teil der Charme-Offensive zu Olympia geschickt und strategisch in der Halle verteilt, klatschten, winkten, tanzten und sangen – wie schon kurz zuvor beim Shorttrack-Gold von Lim Hyo Jun in der Halle nebenan. Das südkoreanische Publikum jubelte, stimmte in die Sprechchöre ein und rief lautstark nach Wiedervereinigung.
„Die Unterstützung war großartig“, sagte Jong und fügte mit Pathos hinzu: „Ein Herz, ein Geist – wir wollen gemeinsam unser Bestes zeigen.“ Die 21-Jährige hatte schon bei der Eröffnungsfeier ein Zeichen der Versöhnung gesendet, als sie gemeinsam mit der südkoreanischen Kapitänin Park Jongah die Fackel getragen hatte. Sie ist eine von zwölf Nordkoreanerinnen, die zwei Wochen vor den Spielen für das vereinte Eishockey-Team in den Süden geschickt worden waren.
Drei von ihnen, Long, Kim Un Hyang und Hwang Chung Gum, liefen am Samstag Seite an Seite mit den südkoreanischen Athletinnen auf, gegen die sie vor zehn Monaten noch gespielt hatten. Schon das Aufeinandertreffen von Nord und Süd auf dem Eis bei der viertklassigen WM der Division II A im April war ein Novum gewesen. Dass sie einmal zum Symbol einer neuen Annäherung der verfeindeten Staaten werden würden, hatten sie damals nicht erwartet.
Und in Pyeongchang hatten sie eigentlich nur Eishockey spielen wollen – trotz anfänglicher Sprachschwierigkeiten. Ihre kanadische Trainerin Sarah Murray, die extra ein Wörterbuch für die Eishockey-Begriffe erstellt hatte, redete ihnen ein: „Wir wollen kein politisches Statement abgeben, sondern gewinnen.“ Es kam ganz anders.