München – Viktoria Schnaderbeck (26) hat über den Jahreswechsel eine exotische Reise vor: Die Bayern-Spielerin besucht in Tansania das Waisendorf „Jambo Bukoba“, für das sie sich als Botschafterin engagiert. Vor Ort will sie sich ein Bild der Lage in dem ostafrikanischen Staat machen.
-Viki Schnaderbeck, wie liefen die Vorbereitungen?
Vorfreude und Neugier stiegen immer mehr. Erste Erkundigungen habe ich eingeholt, als ich mit jemandem ein längeres Gespräch geführt habe, der eine Weile in Bukoba gelebt hat. Ich wollte Eindrücke aus erster Hand. Es sind nur zwei Stunden Zeitverschiebung – kein Jetlag, das ist wichtig, ich muss dort ja auch trainieren für unseren Rückrundenstart. Generell wollte ich aber im Vorfeld nicht zu viel verplanen, ich bin ein Typ, der sich offen auf Dinge einlassen möchte. Ich lasse mich auch gerne überraschen. Vorbereitungen wie impfen ist wichtig, aber ich möchte nicht schon vollgestopft mit Hintergrundwissen ankommen.
-Ihre Wintervorbereitung soll unter dem Trip nicht leiden. Wie sind die Trainingsbedingungen?
Natürlich gibt es keine Fitnessräume wie hier zum Beispiel auf dem FC Bayern Campus. Aber die Leute sind sportbegeistert und einfallsreich: Man kann sich das wie hier bei den Outdoor-Bewegungen vorstellen, die Autoreifen und Klettergerüste integrieren. Mir taugt das. Man sollte dort morgens Sport machen, weil es tagsüber zu heiß wird und abends die Mücken lästiger sind. Meine Trainingszeiten werden sicher vormittags sein. Es wird alles geregelt: Training auf einem Fußballplatz plus Läufe und Fitnesseinheiten. Wir bekommen von Bayern über die Winterpause ein Programm, das gestaffelt ist, drei Wochen. Es steigert sich in der Intensität.
-Auch Ernährung ist für Sportler ein wichtiges Thema. Wie stehen Sie Afrikas Küche gegenüber?
In Bukoba gibt es oft Reis und Gemüse – für einen Sportler ideal. Ich bin beim Essen eh nicht heikel und gespannt, wie die Leute dort kochen. Das Exotischste, das ich bisher je gegessen habe, war, als wir vor Jahren mit Bayern in Jordanien waren. Einmal gab es einen Empfang in der jordanischen Botschaft: Sehr intensiv. Und exotisch. Super. Ich probiere auch in München gerne exotische Lokale aus, bin neugierig.
-Was wissen Sie bereits über die Leute vor Ort, und was sind Ihre Pläne?
Ich habe nur Gutes über die Menschen in Bukoba gehört. Alle sind sehr interessiert, zu lernen. Sie sind sehr offen für Besucher und suchen immer die Gelegenheit, sich auszutauschen. Bukoba ist eine kleine Stadt mit süßen Gassen, abseits des Tourismus, was ich angenehm finde. Es liegt am Victoriasee – was bei meinem Namen witzig ist. Grob geplant habe ich die Zeit so: Ein Drittel für Kultur und Sehenswürdigkeiten, zwei Drittel für das Projekt und seine Menschen.
-Wie steht es um Ängste und Sorgen?
Durch das viele Reisen im Fußball habe ich längst Skepsis und Scheu abgelegt. Das Einzige, was man nie unter Kontrolle hat, ist das Malaria-Risiko. Wobei auch das händelbar ist. Vor Schlangen und Spinnen habe ich echt Angst, da stehe ich sicher nicht alleine da auf der Welt (lacht). Aber auch da bin ich guter Dinge, dass es keine unschönen tierischen Begegnungen gibt. Ich bin ein Typ, der sich nicht von Ängsten leiten lassen möchte. Wenn wir in Bukoba sind, möchte ich den Kontakt zu den Menschen suchen und nicht irgendwo vor lauter Sorge in einem Haus sitzen – ich reise ja wegen der Kinder, wegen der Menschen generell, hin. Man muss sich auf das Leben dort einlassen.
-Wie steht es um Ihr Basiswissen über Tansania?
Die Hauptstadt ist Dodoma, die größte Stadt heißt Daressalam, die hört man hin und wieder in den Nachrichten und ist daher geläufig. Bukoba hat rund 100 000 Einwohner, in ganz Tansania leben knapp 50 Millionen – das ist schon eine Hausnummer, gerade im Vergleich zu Österreich. Tansania ist das sechstgrößte Land in Afrika. Ich habe auch gehört, dass der höchste Berg des Kontinents, der Kibo mit gut 5900 Metern, in Tansania steht. Ein Teil der Serengeti liegt in Tansania – es hat viel zu bieten.
-Die Menschen sprechen Suaheli. Vor allem, da Sie den Kontakt suchen wollen, werden Sie ein paar Brocken parat haben müssen.
Ich habe ein Buch bekommen und schon ein paar Kleinigkeiten nachgeschlagen. „Jambo“, wie bei „Jambo Bukoba“ heißt tatsächlich „Hallo“, das habe ich als Erstes geprüft, ob das in dem Buch richtig steht. Fußball heißt „soka“. In der Schule fielen mir naturwissenschaftliche Fächer leichter als Sprachen. Ich kann Englisch, von meinem Französisch ist nicht viel übrig – aber Suaheli ist eine ganz neue Richtung. Insgesamt sprechen es 80 Millionen Menschen. Das Wort „Schule“ ist kurios; es leitet sich vom deutschen Wort ab: „Shule“.
-Wie haben eigentlich Ihr Umfeld, Familie, Freunde, Kollegen, auf Ihr Reisevorhaben reagiert?
Die meisten Fragen sind: Wie kamst du auf die Idee? Wie lange fährst du? Fährst du allein? Viele sagen, sie wollten sowas auch mal machen, aber irgendwie fehlt es dann am entscheidenden Ruck. Vielleicht kann ich ja mit meiner Reise andere animieren, auch mal ein Projekt zu besuchen.
-Sie engagieren sich auch für die Initiative „kick mit“, versteigerten ein Trikot für „Steirer mit Herz“ – woher rührt Ihre ausgeprägte soziale Ader?
Ich liebe Kinder und kann gut mit ihnen umgehen. Ich war schon immer sozial eingestellt, höre gerne zu und helfe gern. Das bedeutet mir mehr als Geld, auch wenn sich das eventuell blöd anhört. Gewisse Wertvorstellungen wurden mir von meinen Eltern vermittelt, meine Mutter arbeitet im sozialen Bereich. Mir wurde immer vermittelt, man sollte dankbar sein, wie gut es uns geht, dass das nicht selbstverständlich ist und es andere schlechter haben. Und in mir hat sich das weiterentwickelt, seitdem ich unsere Fußballwelt erlebe.
-Inwiefern?
Es läuft sehr gut, wir sind mit Bayern erfolgreich und mit Österreich – aber ich möchte mit Erfolgen, mit allem nicht so oberflächlich umgehen. Die Branche kann sehr oberflächlich sein. Wenn man die Chance hat, durch mediale Aufmerksamkeit Gutes zu bewirken, hat man die Pflicht, soziale Verantwortung zu übernehmen. Ich könnte aber nie ein Projekt nur aus Imagegründen fördern. Das mag ich nicht. Ich muss dahinterstehen. Darum will ich mir in Bukoba vor Ort ein Bild machen. Ist man nicht authentisch, nehmen es einem die Leute nicht ab. Ich selber würde mich nicht wohlfühlen.
Interview: Andreas Werner